Aus für die Grundschulen Martin, Kürenz und Quint

Trier · Mit solcher Spannung wurde lange keine Entscheidung der Trierer Stadtpolitik mehr erwartet: Der Stadtvorstand hat seine Vorstellungen zur künftigen Trierer Schulstruktur auf den Tisch gelegt. Nun folgt bis zur Ratssitzung im März ein nicht minder spannender Diskussionsprozess.

Trier. Offiziell hat Oberbürgermeister Klaus Jensen erst für den heutigen Dienstag zur Information der Öffentlichkeit eingeladen. Doch kaum hatte der Stadtvorstand gestern (dem Vernehmen nach einmütig) die Leitlinien beschlossen und an die Fraktionen versandt, sprachen sich die spektakulärsten Entscheidungen herum. Geht es nach der rot-schwarz-grün-gelben Stadtspitze, dann werden fünf Grundschul-Standorte gestrichen - allerdings nicht auf einen Schlag.
In Trier-Nord setzt man demnach voll auf den Standort Am brosius, der mit großem Aufwand saniert und ausgebaut wurde - zulasten von Martin und Kürenz. Auf der städtischen Streichliste steht auch Quint - aber noch nicht sofort, weil in Ehrang erst die Kapazitäten für die Erweiterung geschaffen werden müssen.
Abhängig von Realschule plus


Reichertsberg/Pallien im Westen und Egbert/Barbara in der Stadtmitte sollen in absehbarer Zeit fusionieren. Aber das hängt von der Entwicklung bei den Realschulen plus ab. Wohin diese Schulform steuert, darüber dürfte frühestens in einem bis zwei Jahren Klarheit bestehen, wenn man sieht, wie viele Schüler die überfüllten Gymnasien nach der Orientierungsstufe wieder zur neuen Realschule zurückschicken. Auch über die Zukunft des kriselnden G8-Gymnasiums am Mäusheckerweg, so ist in Mainz zu hören, werde frühestens in zwei Jahren entschieden. Was dann mit dem großen, frisch renovierten Schulzentrum zwischen Biewer und Ehrang passiert, hat Auswirkungen bis in den Grundschulbereich. Bis dahin wird das schließungsbedrohte Quartett in West und Mitte wohl eine Galgenfrist haben.
Sektkorken dürften in Pfalzel und Euren knallen, den größten Widerstandsnestern in Sachen Schulreform. Ihre vorgeschlagenen Fusionen mit Biewer oder Zewen scheinen bis auf Weiteres vom Tisch. Auch zeitweilige Wackelkandidaten wie Olewig oder Ruwer sind offenbar aus dem Schneider. Die Nachfrage, da sind sich alle Experten einig, wechselt aber so schnell, dass auch der jetzige Beschluss nur eine Momentaufnahme sein kann.
Parallel zu den einzelnen Schließungen wird bei etlichen Schulen das Angebot erweitert. Heiligkreuz soll Ganztagsschule werden, Euren Schwerpunktschule. Tarforst erhält als Ganztagsschule zusätzliche Räume. Bei Zusammenlegungen will die Stadt als Träger darauf achten, dass das jeweils anspruchsvollste Angebot und Konzept das Leitbild für die neu entstehende gemeinsame Schule liefert.
Die Stimmen der Fraktionen


Die Fraktionen im Stadtrat hatten bisher wenig Zeit, auf dieses Konzept zu reagieren. Die Fraktionssitzungen am gestrigen Montagabend waren die erste Chance, den zu diesem Zeitpunkt erst einige Stunden alten Beschluss des Stadtvorstands zur Kenntnis zu nehmen. Erste Reaktionen gegenüber dem TV deuten darauf hin, dass der Abstimmung in der März-Sitzung des Rates eine heiße Diskussion vorausgehen wird.
CDU-Fraktionschef Ulrich Dempfle verweist auf eine Sitzung seines Teams mit dem Kreisvorstand am 15. Februar, "denn eine derart weitreichende und schwerwiegende Entscheidung trifft die Fraktion nicht im Alleingang". Bereits jetzt sieht Dempfle ein Problem: "Ich vermute, dass meine Fraktion mit insgesamt fünf zur Schließung vorgesehenen Standorten erhebliche Probleme haben könnte."
Diese Probleme sieht auch die FWG kommen, die schon seit langem auf Kriegsfuß mit der Schließung von Grundschulen steht. "Wir haben allergrößte Bedenken", sagt die Fraktionsvorsitzende Christiane Probst, OB Jensen und die Dezernenten hätten "viel zu lange gebraucht, dieses Konzept zu präsentieren". Nun solle es "innerhalb von vier Wochen im Schweinsgalopp durch die Gremien gehen."
Vom eigenen, sehr weitgehenden Konzeptvorschlag der Grünen im Sommer 2012 (der TV berichtete) ist nicht viel übrig. Weder die Fusion von Olewig und Egbert am Standort Egbert noch das Kernstück, der Ringtausch der IGS an den Mäusheckerweg und der Nelson-Mandela-Schule auf den Wolfsberg, steht im Stadtvorstandsbeschluss. "Es ist natürlich möglich, dass wir uns mit unseren Vorschlägen nicht zu hundert Prozent durchsetzen können", sagt der schulpolitische Sprecher der Fraktion, Gerd Dahm. Doch es gehe nicht um Einzelfragen, sondern um ein "tragfähiges und auf die Zukunft ausgerichtetes Gesamtkonzept. Die Grünen würden sich "dieser Debatte und auch möglichen Schließungen nicht verweigern."
Auch Karl-Josef Gilles für die FDP erklärt, man wehre sich nicht gegen Schließungen: "Man muss auch unpopuläre Entscheidungen treffen können. Doch da liegt das Problem in Trier. Ich glaube, die Diskussion geht aus wie das Hornberger Schießen."
"Wir starten voller Zuversicht in diese Diskussion", sagt SPD-Fraktionschef Sven Teuber. "Das Konzept des Stadtvorstands packt mutige Entscheidungen an und bringt auch Klarheit für die betroffenen Stadtteile." Die Linke war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.Meinung

Ohne Konzept gibt es nur Verlierer
Keiner wird in Begeisterung ausbrechen beim nun vorgelegten Schulkonzept. Wenn Schulen geschlossen werden müssen, die engagiert betrieben werden und Bürgern am Herzen liegen, ist das immer frustrierend. Aber was jetzt auf dem Tisch liegt, ist kein Kahlschlag-Programm. Es ist der Versuch, einen vernünftigen Weg zwischen Wünschenswertem und Machbarem zu finden. Es ist übrigens ganz und gar kein Sparkonzept zulasten der Bildung, was der Stadtvorstand da vorgelegt hat. Im Gegenteil: Man wird Geld in die Hand nehmen müssen, um einige Schulen zukunftsfest und bedarfsgerecht zu machen. Aber das Geld wird nicht mehr mit der Gießkanne in ein Fass ohne Boden gekippt, es wird entlang nachvollziehbarer Strukturen sinnvoll investiert. Dabei gibt es, das lässt sich nicht leugnen, Gewinner und Verlierer. Aber ohne ein solches Konzept gäbe es nur Verlierer. OB Jensen hat, mit hohem persönlichen Einsatz, das Thema Schulkonzept zu seinem Anliegen gemacht. Er war hoffentlich klug genug, die großen Linien informell mit der Schulaufsicht abzuklären - auch wenn die ADD nicht vorab entscheiden kann. Was die Fraktionen tun, hat Jensen nicht mehr in der Hand. Aber er hat den Ball geschickt in ihr Feld geschoben. Man wird sehen, wie ernst etwa CDU und FWG ihre Sparappelle meinen, wenn es unpopulär und unbequem wird. Und man darf gespannt sein, ob manche Fraktionen ihren Vertreter oder ihre Vertreterin im Stadtvorstand im Regen stehen lassen. d.lintz@volksfreund.de

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