Ausgraben, aufzeichnen, abreißen

TRIER. Auf der seit Jahrzehnten größten Baustelle Triers sind die ersten interessanten Funde aufgetaucht: Eine Säule aus dem späten Mittelalter und ein gemauerter Kanal aus dem 19. Jahrhundert.

Riesige Baufahrzeuge rangieren auf dem Gelände zwischen Fleisch- und Metzelstraße hin und her. Wo die ehrwürdige Paulinusdruckerei stand, liegt nur noch ein großer Haufen Altbeton. An Stelle der ehemaligen Buchhandlung an der Fleischstraße gähnt eine rund fünf Meter tiefe Erdgrube. Aber nicht nur schwere Baggerschaufeln graben sich in die rote Erde. Sieben Mitarbeiter des Rheinischen Landesmuseums sind mit Schaufeln, Werkzeugkästen und Zeichenbrettern unterwegs. Dabei sind Bautrupp und Museumsmitarbeiter noch gar nicht hinabgedrungen in die spannendsten Schichten - dorthin, wo möglicherweise Reste römischer Baureste zu finden sind.Baufirma und Museum arbeiten Hand in Hand

Aber auch in den fünf Metern unter dem heutigen Bodenniveau gibt es bereits interessante Funde, die vom Bauzaun an der Fleischstraße gut betrachtet werden können. Vorne, wo die Buchhandlung war, ist eine graue Säule aus eckigen Steinen zu sehen. "Ein Sandsteinpfeiler aus dem späten Mittelalter", sagt Grabungsleiter Georg Breitner. Irgendwie müsse der Pfeiler in den 50er-Jahren die zweigeschossigen Kellerausschachtungen für die spätere Buchhandlung überstanden haben. Über die genaue Datierung ist sich der Doktor der Archäologie noch nicht ganz schlüssig. "Höchstwahrscheinlich 15. Jahrhundert", sagt er. In der Grube steht Hans-Joachim Beer, der seit vielen Jahren für das Landesmuseum Zeichnungen anfertigt. Auch jetzt hat er sein Zeichenbrett dabei. Denn alle Gebäudereste, die in den Tiefen der Baustelle gefunden werden, müssen mit dem alten Katasterplan aus der Mitte des 19. Jahrhunderts abgeglichen werden. Fehlen in diesem Plan Mauern, Pfeiler oder Kanäle, werden sie detailliert ergänzt. "Wir dokumentieren alles, was wir finden", erklärt Breitner. Die Zusammenarbeit mit der Abrissfirma funktioniere glänzend, sagt der Archäologe. "Auch wenn die Baggerarbeiten für Außenstehende teilweise recht grob aussehen: Wir arbeiten mit großer Vorsicht." Gerüchte, dass auf Trierer Tiefbaustellen immer noch römische Bauten in Nacht-und-Nebel-Aktionen eingerissen und zubetoniert würden, entbehrten jeder Grundlage. "Früher gab es einige grenzwertige Fälle, aber heute kommt das nicht mehr vor", versichert Breitner. Weiter hinten, Richtung Metzelstraße, haben die Grabungsarbeiter einen gemauerten Bogen freigelegt. Die Spekulationen der Zuschauer am Bauzaun in der Fleischstraße über das archaisch anmutende Mauerwerk sind teilweise wild. Doch der Bogen stammt nicht aus der Antike, sondern aus der Neuzeit: "Das war wohl ein ehemaliger Kanalschacht, der zur Bebauung des Geländes im 19. Jahrhundert gehörte", erklärt Breitner. Auch die Einzeichnung des Kanals im alten Katasterplan wird überprüft. "Wenn wir alles katalogisiert haben, kann die Abrissfirma die Bauteile abtragen", sagt Breitner. Auch die mittelalterliche Säule. Erst dann wird weiter in die Tiefe vorgedrungen. In eine Schicht, in der die Erde vielleicht Schätze aus der ferneren Vergangenheit freigeben wird.

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