Ausschusswahl: Linke kennt Regularien

Nicht aus Unwissenheit, sondern, weil sie ihr demokratisches Recht wahrnehmen wollte, erduldete die linke Stadträtin Katrin Werner, dass ausgerechnet NPD-Mitglied Safet Babic ihrer Partei zu einem Ausschusssitz verhalf. Die Linke nahm die Wahl nicht an, im Stadtrat sorgte der Vorfall für einen kleinen Eklat (der TV berichtete).

Trier. Die Besetzung der städtischen Ausschüsse bildet zwar generell das politische Kräfteverhältnis im Stadtrat ab. Einen "Anspruch" im wörtlichen Sinne haben die Fraktionen allerdings nicht auf eine ihrer Stärke entsprechende Anzahl von Sitzen. Die Ausschussmitglieder müssen vom Stadtrat gewählt werden. Und die gesetzliche Formel, mit der die Ja-Stimmen auf die Zahl der Sitze umgerechnet werden, ermöglicht, dass ein Kandidat schon mit nur zwei Ja-Stimmen Ausschussmitglied werden kann.

Die Berechnung ist nicht kompliziert: Die Zahl der Ausschusssitze wird mit der Zahl der Ja-Stimmen multipliziert und anschließend durch die Gesamtzahl aller gültigen abgegebenen Stimmen geteilt. Bei 17 Sitzen in den Dezernatsausschüssen und 50 Ja-Stimmen von CDU, SPD, FWG, Grünen und FDP für deren gemeinsame Kandidatenliste und 52 insgesamt gültigen Stimmen ergibt sich ein Wert von 16,346 (17 mal 50 geteilt durch 52 ist gleich 16,346). Abgerundet sind das 16 Ausschusssitze. Auf den Kandidatenvorschlag der linken Stadträtin Werner entfielen zwei Stimmen, was einem Ausschusssitz entspricht (17 mal 2 geteilt durch 52 ist gleich 0,653, aufgerundet: 1).

Dass ausgerechnet Safet Babic von der NPD den Linken die benötigte zweite Stimme liefern könnte, war Werner bewusst. "Trotzdem wollte ich einen eigenen Wahlvorschlag präsentieren", betont die Bundestagsabgeordnete. "Es darf doch nicht sein, dass man sich aufgrund eines NPD-Mitglieds in seinen demokratischen Rechten unterdrücken lässt." Allerdings: Sich durch Babic tatsächlich zu einem Ausschusssitz verhelfen zu lassen, sei nie infrage gekommen, erklärt Werner. "Dass wir in diesem Fall die Wahl nicht annehmen, stand vorher fest. Ich habe halt gehofft, dass Babic nicht mit mir abstimmt, sondern eine eigene Kandidatenliste vorlegt."

Babic hatte erstmals zusammen mit Werner die Hand gehoben bei der Besetzung des Steuerungsausschusses. Drei Wahlgänge später stimmte er auch noch beim Rechnungsprüfungsausschuss für den linken Kandidaten. Erst dann zog Werner ihre Liste zurück. Die gewählten linken Kandidaten lehnten im Telefongespräch mit Oberbürgermeister Klaus Jensen die Wahl ab. Die Ratssitzung musste für rund 20 Minuten unterbrochen werden. Anschließend wurden die Wahlgänge wiederholt.

Schon in der Sitzung erklärte Babic, dass gewählte Kandidaten nicht per Telefon das Votum des Rats ablehnen könnten. Am Freitag kündigte er an, die Ausschusswahlen juristisch anzufechten.

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