Stadtgeschichte 1945 im Trümmerfeld, das mal Trier war

Trier · „Wozu all dieses Elend?“: Die Stadtbibliothek Trier zeigt bis 18. September eine Ausstellung zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren.

Magdalena Palica ist Kuratorin der Sonderausstellung „Wozu all dieses Elend? – 75 Jahre Kriegsende in Trier“ in der Stadtbibliothek.

Magdalena Palica ist Kuratorin der Sonderausstellung „Wozu all dieses Elend? – 75 Jahre Kriegsende in Trier“ in der Stadtbibliothek.

Foto: Roland Morgen

Die älteste Stadt gilt auch als eine der schönsten in Deutschland. Das war schon vor 100 und mehr Jahren so. Vor 75 Jahren aber gewiss nicht. Als am 8. Mai 1945 Nazi-Deutschland bedingungslos kapituliert und der zwölf Jahre währende Spuk vom „1000-jährigen Reich“ vorbei ist, herrscht schon mehr als zwei Monate Friede in Trier. Am 2. März haben US-Soldaten die Stadt nahezu kampflos eingenommen, oder besser gesagt, das, was noch von ihr übrig ist. Nach verheerenden Bombenangriffen und monatelangem Artilleriebeschuss liegt Trier in Schutt und Asche. Die Altstadt ist zu 40 Prozent zerstört, Kulturgüter von unschätzbarem Wert existieren nicht mehr. Der Blutzoll ist immens. Allein die britischen Bombardements am 19., 21. und 23. Dezember 1944 haben mindestens 420 Menschen getötet.

Als die Amis kommen, hausen etwa 3000 Menschen – Zivilisten, Soldaten, Kriegsgefangene – in dem gigantischen Trümmerfeld, das mal Trier war. Vor dem Krieg waren es 80 000 Einwohner. Bis Anfang Juli 1945 steigt die Einwohnerzahl auf fast 38 000.

Der nach dem Normannen-Überfall des Jahres 882 zweiten Stunde Null in der Stadtgeschichte widmet die Stadtbibliothek (Weberbach 25) die neue Sonderausstellung „Wozu all dieses Elend? – 75 Jahre Kriegsende in Trier“.

„Wozu all dieses Elend?“ hat sich nach der Rückkehr nach Trier die 16-jährige KZ-Überlebende Marianne Elikan gefragt. Auch andere Zeitzeugen, die wie etwa der Schriftsteller Stefan Andres die Kriegszeit im Exil verbracht hatten,  waren erschüttert angesichts der nicht mehr wiederzuerkennenden alten Heimat.

Fast 100 historische Fotos plus schriftliche Dokumente aus dem Stadtarchiv hat Kuratorin Magdalena Palica (40) für die Ausstellung zusammengetragen.

Besonders wertvoll sind die Aufzeichnungen und Aufnahmen von Bernhard Hild (1890 bis 1976), Oberwachtmeister der Schutzpolizei der Reserve, der im Hochbunker am Augustinerhof Buch führte über Bombardements und Artillerie-Angriffe. Im Auftrag des damaligen Oberbürgermeisters Konrad Gorges fotografierte Hild die sterbende Stadt.

Ebenso bedrückend die Aufzeichnungen des Diözesanarchivars Dr. Alois Thomas (1896 bis 1993). Der Geistliche hatte sein Leben riskiert, um viele Kunstschätze Triers wie die Thorarollen der Jüdischen Gemeinde in Sicherheit zu bringen.

Eine Auswahl von Originalfotografien ist mit Zitaten der Zeitzeugen versehen. Magdalena Palica: „Die Ausstellung will eine Möglichkeit bieten, sich für einen Augenblick in die Zeit vor 75 Jahren zu versetzen und über Marianne Elikans Frage ,Wozu all dieses Elend?’ nachzudenken.“

Als Begleitprogramm hat die Stadtbibliothek in Zusammenarbeit mit der Trierer Agentur Textschnittstelle vier Podcasts produziert. Die Audiodateien „Monuments Men in Trier“, „Stefan Andres zwischen Heimat und Exil“, „Die Tagebücher von Marianne Elikan“ und „Jean-Paul Sartre in Trier“ sind online aufrufbar unter

 Nur die Zeder rechts im Bild ist heute noch da: das zerstörte städtische Kaufhaus (links) und das alte Rathaus am Kornmarkt 1945.

Nur die Zeder rechts im Bild ist heute noch da: das zerstörte städtische Kaufhaus (links) und das alte Rathaus am Kornmarkt 1945.

Foto: Stadtarchiv Trier
 Auch hier ist nichts mehr, wie es war: Die Steipe (Ecke Dietrichstraße/Hauptmarkt) ist nach einem Bomben-Volltreffer von der Bildfläche verschwunden.

Auch hier ist nichts mehr, wie es war: Die Steipe (Ecke Dietrichstraße/Hauptmarkt) ist nach einem Bomben-Volltreffer von der Bildfläche verschwunden.

Foto: Stadtarchiv Trier

Öffnungszeiten der Ausstellung im Foyer der Stadtbibliotkek (Weberbach 25; bis 18. September): Dienstag bis Freitag 9 bis 17 Uhr, Samstag/Sonntag 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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