Autorin in Männerkleidern

TRIER. Eine noch junge Straße in Feyen-Weismark trägt den Namen einer Trierer Autorin der 20er-Jahre, die heute fast ganz in Vergessenheit geraten ist: Gertrud Schloss.

Heute ist die Gertrud Schloss den meisten Trierern unbekannt. In den 20er-Jahren war sie jedoch eine stadtbekannte Größe. Schloss entstammte einer jüdischen Fabrikantenfamilie. Sie erwarb als Historikerin einen Doktortitel, engagierte sich in der SPD, schrieb in der sozialdemokratischen Trierer Zeitung "Volkswacht" und war Vorsitzende der Theatergemeinde "Freie Volksbühne". Die Straßen in Trier durchstreifte Gertrud Schloss als "Frau in Männerkleidern". 1928 begeisterte Schloss mit ihrem Stück "Ahasver" Publikum und Kritik. Sie zeigte darin die Figur des "Ahasver" - auf dem ein christlicher Fluch lastet, weil er Jesus das Ausruhen auf der Schwelle seines Hauses verweigert haben soll - als modernen Zerrissenen, der am Ende seine Fabrik zerstört und erfolglos für die bolschewistische Revolution kämpft. 1933 änderte die bekennende Lesbierin Gertrud Schloss ihren Namen in Mary Eck-Troll und tauchte in die Anonymität einer Großstadt ab. Sie verdiente fortan in Frankfurt ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von trivialen Frauenromanen - erschienen unter dem Pseudonym Alice Carno. Wegen ihrer früheren, zeitkritischen Beiträge wird sie auch als "Irmgard Keun der Mosel" bezeichnet. Wie bei der erfolgreichen Schöpferin von Frauenfiguren wie "Das kunstseidene Mädchen" war die Karriere von Gertrud Schloss mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 beendet. Schließlich sah sich Gertrud Schloss gezwungen, nach Luxemburg auszuwandern. Von dort wurde sie 1941 zusammen mit über 500 Juden aus Luxemburg in das Ghetto Lodz verschleppt und vermutlich im folgenden Jahr im NS-Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof ermordet. 2002 erinnerte die Autorin und Regisseurin Jutta Schubert mit ihrem Theaterstück "Des Teufels Komödiant" am Theater Trier in der Reihe "Trierer Persönlichkeiten" an die Schriftstellerin Gertrud Schloss.

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