Basteln, Wandern and Putzen

Seit 13 Jahren lebt die aus Südafrika stammende Journalistin und Autorin Anli Serfontein in Trier. Ihre Erlebnisse mit den Deutschen im Allgemeinen und den Trierern im Speziellen hat sie in einem bisweilen bissigen, höchst unterhaltsamen Buch festgehalten, das nun auf skurrilen Umwegen auch den deutschen Markt erreicht hat.

 Autorin Anli Serfontein, hier in den Kaiserthermen, hält ihre Erlebnisse mit den Deutschen in einem Buch fest. Foto: Daniel Schieben

Autorin Anli Serfontein, hier in den Kaiserthermen, hält ihre Erlebnisse mit den Deutschen in einem Buch fest. Foto: Daniel Schieben

Trier. Anli Serfontein lebt da, wo Trier am beschaulichsten ist: in einem ruhigen Seitenarm von Olewig, das Haus von hohen Bäumen umsäumt, großer Garten, viel Fensterfläche.

Als die Tochter eines renommierten südafrikanischen Journalisten 1976 auf Schüleraustausch erstmals an die Mosel kam, hätte sie sich schwerlich träumen lassen, dass sie irgendwann hier leben würde. Doch nach Film- und Literaturstudium in Johannesburg, Fernseh-Ausbildung in den Niederlanden und Korrespondententätigkeit für die ARD in Südafrika landete sie 1995 aus familiären Gründen in Trier. Seither lebt sie mit Ehemann und zwei Töchtern in Olewig, arbeitet frei für die BBC und Reuters, bringt nebenher Managern Business-Englisch bei. Und sie notiert regelmäßig, was ihr im deutschen Alltag auffällt.

Letzterer Gewohnheit verdankt sich ein ausgesprochen lesenswertes Buch, das von Kritikern nicht zufällig mit den Werken eines Erfolgsautors wie Wladimir Kaminer verglichen wird. "Basteln, Wandern and Putzen" wirft in 46 Episoden Schlaglichter auf die Eigentümlichkeiten, Gewohnheiten und Gebräuche der Deutschen.

Warum man hierzulande nicht Schlange stehen kann, wie es um das Essverhalten bei Parties steht, weshalb die Deutschen einen Fetischismus um Titel und Grade betreiben, wie es um die Höflichkeit im Bus bestellt ist, welch geniale, andernorts unbekannte Erfindungen es gibt: Anli Serfontein hat es mit dem wachen Auge einer Journalistin und dem staunenden Blick einer Zugezogenen festgehalten und sehr kurzweilig zu Papier gebracht. Weil sie die Anregungen aus ihrem täglichen Leben bezog, spielt vieles von dem, was sie erzählt, an Trierer Originalschauplätzen, wie Weisshauswald und bayerischer Metzgerei, Olewiger Weinfest und Karl-Marx-Haus.

Das Lesen bringt reichlich Aha-Effekte und die Erkenntnis, an wie viele Merkwürdigkeiten man sich als Einheimischer schon gewöhnt hat. An patziges Service-Personal, an bürokratische Auswüchse, die eher System sind als unglücklicher Zufall, an die vielen Alltags-Ruppigkeiten. Und vor allem - und da wird es schon mal recht ernst - an ein verunglücktes Schulsystem.

Serfonteins Buch spart nichts aus, auch nicht den Umgang der Deutschen mit der Vergangenheit. Es hält uns den Spiegel vor, aber eher verschmitzt als anklagend. Und was die Autorin uns aufs Brot schmiert, wird bekömmlich, weil sie es mit einem ordentlichen Schuss Selbstironie würzt. Wie soll man auch umgehen mit einem Land, das allein um den Begriff des Putzens mit Putztag, Putzfrau, Putzmittel, Putztuch, Putzteufel oder Putzwut einen Wust von Begriffen gruppiert? "Mir fehlt einfach das deutsche Putz-Gen", hält Serfontein fest, und mit Wandern und Basteln geht es ihr ähnlich - trotz inzwischen übernommener deutscher Staatsbürgerschaft.

Ihr Buch war eigentlich gar nicht für Deutschland bestimmt. Sie hat es in Großbritannien veröffentlicht, als eine Art Gebrauchsanweisung für Südafrikaner in Europa. Doch die deutschen Freunde, Bekannten und Nachbarn, denen sie das Paperback zu lesen gab, waren durchweg begeistert. Aber allzu viel öffentliches Aufsehen wollte die 48-Jährige nicht, deshalb brachte sie es in englischer Originalsprache beim deutschen "Books on demand" heraus. Aber wie das Leben so spielt: Kult-Verleger Vito von Eichborn entdeckte das Werk und nahm es als "Buch des Monats" in seine "Edition BoD" auf. Sein Urteil: "Lustig, lebensnah, nachdenklich, präzise".

Nun geht es auf die Frankfurter Buchmesse, die Autorin verhandelt über eine holländische Ausgabe und will nun doch eine deutsche Übersetzung wagen. Der Text ist allerdings auch in Englisch echt locker lesbar.

Vorausgesetzt, man kommt an das Buch ran. Die großen Trierer Buchhandlungen (Löbliche Ausnahme: Buchhandlung Stephanus im Treff) haben den potenziellen Bestseller kollektiv verpennt. Auch eine Art, Werbung für den Bücherkauf via Internet zu machen. Aber das lässt sich ja noch ändern.

Anli Serfontein, "Basteln, Wandern and Putzen", Edition BoD, Norderstedt.

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