Bauamt lässt bauen

Der Kindergarten Mariahof wird nun doch um eine Etage aufgestockt. Das Bauamt erteilt die Genehmigung für das zuvor abgelehnte Bauvorhaben. Der Architektur- und Städtebaubeirat, der den Umbau heftig kritisiert, ist sauer.

 Kindergarten St. Michael: Der Betonbau soll trotz Bedenken um eine Holzetage aufgestockt werden. TV-Foto: Christiane Wolff

Kindergarten St. Michael: Der Betonbau soll trotz Bedenken um eine Holzetage aufgestockt werden. TV-Foto: Christiane Wolff

Trier. "Wir stellen unsere städtebaulichen und architektonischen Bedenken zurück, um Verzögerungen und höhere Kosten zu vermeiden." Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani wählt ihre Worte mit Bedacht. Überzeugt klingt sie nicht, die Genehmigung für den Umbau des Mariahofer Kindergartens erteilt sie trotzdem. Darauf hätten sich Sozialdezernent Georg Bernarding und Kaes-Torchiani "geeinigt", wie es in der Pressemitteilung aus dem Rathaus heißt. "Um im Interesse der Kinder und der Betreuerinnen schnellstmöglich eine Lösung auf den Weg zu bringen", begründet das Schreiben.

Kommunikations-Panne war vorausgegangen



Vorausgegangen war eine heftige Kommunikations-Panne (der TV berichtete): Der für den Kindergarten zuständige Sozialdezernent Bernarding hatte im vergangenen September im Stadtrat die Sanierung und Aufstockung des Kindergartens beschließen lassen, ohne zuvor beim Bauamt die Umsetzung abzuklären. Baudezernentin Kaes-Torchiani hatte ihrerseits versäumt, sich im Nachbar-Dezernat über die Pläne zu informieren. Vor wenigen Wochen verweigerte das Bauamt schließlich die Baugenehmigung, und auch der Architektur- und Städtebaubeirat (ASB) trug der Pfarrgemeinde als Trägerin des Kindergartens auf, noch einmal umzuplanen. Grund: Die geplante zusätzliche Etage zerstöre die gemeinsame Architektursprache von Kindergarten und benachbarter, denkmalgeschützter Kirche. Zudem ließen die Pläne wichtige technische Fragen wie Belüftung und Fluchtwege ungelöst.

Dass die Stadt die Pläne trotzdem genehmigen will, bringt den ASB - fünf von der Stadt berufene Architekten aus ganz Deutschland - in Rage: "Die Architektur, die da umgesetzt werden soll, ist eine Katastrophe", wird ASB-Mitglied Ansgar Lamott, Architekt aus Stuttgart und ehemaliger Dozent der Fachhochschule Trier, deutlich. "Die Chance, das Stadtteilzentrum und den Kindergarten durch hochwertige Pläne aufzuwerten, wird vertan."

Auch Ludwig Wappner, Architekt aus München, ist sich sicher: "Wird der Kindergarten aufgestockt, ist die Zwiesprache zur Kirche zerstört, der Stadtteil verliert ein Stück Identität." Der ASB hat laut Satzung zwar nur eine beratende Funktion. "Aber wenn wir so übergangen werden, überlegt man sich schon, welchen Sinn der ASB hat", schimpft Lamott.

Nach TV-Informationen hat das Einknicken des Bauamts finanzielle Gründe: Denn der vom ASB vorgeschlagene alternative Anbau samt der dazu notwendigen Pläne würden rund 300 000 Euro Mehrkosten verursachen. Dezernent Bernarding hatte erklärt, diese Summe auf keinen Fall aus seinem Sozialdezernats-Haushalt bereitzustellen.

Meinung

Nicht die Kinder vorschieben!

Im Interesse der Kinder" würden die Umbaupläne für den Kindergarten St. Michael genehmigt, heißt es in der städtischen Pressemitteilung. Tatsächlich "im Interesse der Kinder" wäre es gewesen, wenn mit der Planung von Sanierung und Umbau nicht erst begonnen worden wäre, nachdem das Gesundheitsamt den Kindergarten wegen Schimmelbefalls vor mehr als einem Jahr schließen ließ und die Kinder in Container umziehen mussten. Immerhin war der massive Schimmelschaden den Verantwortlichen seit mehreren Jahren bekannt. Doch erst als das Gesundheitsamt einschritt wurden mit heißer Nadel Pläne gestrickt, die weder architektonischen, noch allen technischen und bauphysikalischen Anforderungen gerecht werden. Trotzdem: Angeblich im "Interesse der Kinder" wird dieser 2,2 Millionen Euro teure Umbau jetzt angegangen. Vielmehr soll wohl die eklatante Abstimmungspanne im Rathaus und die leidige Schuldfrage - mit der die Übernahme der Mehrkosten verbunden wäre - ad acta gelegt werden. "Im Interesse der Kinder" ist das nicht. c.wolff@volksfreund.de

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