Begegnung mit der Vergangenheit

TRIER-IRSCH. Weltkriegs-Schauplätze als Reiseziel: Der Amerikaner Ken Sohmer (74) und die Kanadierin Ruth McCarty (68) besuchen Stätten in Europa, an denen 1944/45 US-Amerikaner kämpften. Diesmal statteten sie Trier-Irsch eine Stippvisite ab. Dort sind vor 62 Jahren sieben der neun Insassen eines Boeing B 17-Bombers ums Leben gekommen.

Erwin Berg waren schon Tage vorher in Aufregung. Das Verkehrsamt Irrel hatte den Besuch eines der beiden Überlebenden des Bomber-Absturzes vom 11. Mai 1944 nordöstlich von Irsch angekündigt. Für Berg, Jahrgang 1937, eine Begegnung mit der eigenen Vergangenheit. "Fliegende Festung" zerbricht in der Luft

"Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich als Hilfs-Messdiener an der Bestattungsfeier für die getöteten Besatzungsmitglieder teilgenommen habe. Ich habe auch gesehen, wie einer der Überlebenden nach der Festnahme durchs Dorf geführt wurde", sagt der langjährige Ortsvorsteher. Als der Besuch in Irsch eintrifft, entpuppt sich die Ankündigung vom Veteranen auf den Spuren seines Schicksal als Übersetzungs-Missgeschick. Mit Hans-Dieter Heck vom Verkehrsamt Irrel steigen ein für einen Kriegsteilnehmer zu junger Mann und eine Frau aus dem Auto. Sie besuchen den Höhenstadtteil auf Empfehlung eines Freundes, der selber wegen Krankheit passen musste. Dieser Freund ist der jüngste Bruder von Adolph Brocato, jenes Bomber-Besatzungsmitglieds, das sich per Fallschirm hatte retten können und den Berg damals gesehen hatte. Brocato wie auch Myles O'Sullivan, der zweite Gerettete von damals, leben nicht mehr. Für den 74-jährigen Ken Sohmer aus Lock Haven/Pennsylvania und Ruth McCarty (68) aus Nova Scotia/Kanada ist die Tour nach Irsch mehr als nur ein Anstandsbesuch. "Wir gehören zu einer Gruppe von geschichtsinteressierten Freunden, die zu Plätzen in Europa reisen, an denen Amerikaner im Zweiten Weltkrieg kämpften", sagt Sohmer. Der Kontakt zum Verkehrsamt Irrel kam bei einem Westwall-Besuch 2001 zustande. Der Empfang in Irsch beeindruckt die Besucher sichtlich. Erwin Berg überreicht die eigens angefertigte Kopie eines Fotos: Die Dorfbewohnerin Paula Dietzen hatte sich von einem deutschen Wachsoldaten vor dem Leitwerk des Bombers fotografieren lassen. Peter Kritzke vom Heimat- und Kulturverein Filsch schenkt den Gästen Ortschroniken seines Heimatortes. Wie auch in der (ausverkauften) Irscher Chronik spielt der 11. Mai 1944 darin eine bedeutende Rolle. Die Wrackteile des viermotorigen Boeing-Bombers ("Fliegende Festung") schlugen auf dem Gebiet beider Dörfer nieder, trafen aber keine Gebäude. Das größte Stück schlägt nahe des heutigen Alwitra-Werks auf. Heimatforscher Adolf Welter aus Trier-Euren kennt die Hintergründe: "Ein US-Bomberverband flog nach einem Angriff auf die Bahnanlagen Ehrang/Pfalzel in südlicher Richtung. Der deutsche Jagdpilot Günther Seeger griff mit seiner Messerschmitt Me 109 G einen Nachzügler an und schoss ihn ab. Die Maschine zerbrach über Filsch und Irsch in der Luft." Die Gefallenen wurden unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Irsch beigesetzt. Der US-Gräberdienst ließ 1946 die Gebeine auf den Militärfriedhof in Hamm/Luxemburg überführen; 1950 kamen die sterbliche Überreste im Rahmen einer großen Umbettungs-Aktion für mehrere tausend US-Gefallene in die USA. Adolf Welter führte Ken Sohmer und Ruth McCarty zum Abschluss ihres Trier-Besuchs nach Euren. An der Karelstraße hat das Ehepaar Welter 1991 auf eigene Kosten ein Gedenkkreuz für acht Amerikaner errichtet, die dort beim Absturz ihrer B 17 am 2. Januar 1945 starben.

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