Bei 95-jährigem Isseler lernen Bilder laufen

Schweich-Issel · Er geht wandern, besucht jeden Monat das Theater und lässt sich von seinen sieben Urenkeln auf Trab halten. In Issel führt er seinen eigenen Haushalt. Der 95-jährige Heinz Strehmel hat seine ganz eigenen Rezepte, um im Alter fit zu bleiben. Für sein neues Hobby, das Vertonen seiner Urlaubsfotos, hat er sogar den Umgang mit dem Computer gelernt.

 Erst vor fünf Jahren hat Heinz Strehmel gelernt, einen Computer zu bedienen. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Erst vor fünf Jahren hat Heinz Strehmel gelernt, einen Computer zu bedienen. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Schweich-Issel. Den Schnee hat er schon geräumt, die Treppe gekehrt. Nun steht er mit einem strahlenden Lachen in der geöffneten Haustür. Seine 95 Jahre nimmt dem Isseler Heinz Strehmel kaum jemand ab. Mit seinen wasserblauen wachen Augen und der sportlichen Haltung erinnert er an den verstorbenen Hollywood-Schauspieler Paul Newman.
Menschen ganz nah


"Meine sechs wunderbaren Kinder, elf Enkel und sieben Urenkel, die halten mich fit", verrät Strehmel sein Geheimnis, während er in seinem Wohnzimmersessel Platz nimmt und auf den mit Rosen dekorierten Tisch blickt.
Eine intakte Familie, das sei nicht nur im Alter "die wichtigste Zutat im Rezept des Lebens", sagt der Senior und schmunzelt. "Kein Alkohol, keine Zigaretten, viele Frauen", lautet seine Devise - womit er allerdings die Frauen in seiner Familie meint.
Nach dem Tod seiner Ehefrau vor etwa zwei Jahren, an dem er noch immer "knabbert", zog der 95-Jährige von Trier nach Issel in die Nähe seiner Tochter. Mit ihrer Hilfe führt er seinen eigenen Haushalt. Jeden Tag geht er am späten Nachmittag zur Tochter essen. "Ich bin bestens versorgt, telefoniere täglich mit den Kindern, die Enkel gehen für mich einkaufen. Wir lachen viel, ich bin stolz auf meine Familie!"
Lachen und Geselligkeit sind Strehmel wichtig. Mit seinen Musikfreunden besucht er die monatlichen Konzerte im Trierer Stadttheater. Bei gutem Wetter wandern sie oder gehen essen. Zwar stürben die alten Freunde nach und nach, von Strehmels Kegelclub ist nur er selbst noch übrig. "Dafür hat mich eine Bekannte in ihr Frauenclübchen aufgenommen, da genieße ich das Zusammensein mit den Damen."
Früher habe er auch viel Sport gemacht, berichtet der Isseler. "Ich gehörte zu den Top zehn der Geher in der ehemaligen DDR, habe dort 1953 bei den Meisterschaften mitgemacht und war Gesamtdeutscher Meister." Die Großmutter habe ihn und seine Schwester im bettelarmen Berlin-Wedding großgezogen. Später habe er als Industriefotograf gearbeitet.
Mitte der 1950er Jahre kam Strehmel mit seiner Frau nach Trier, arbeitete dort bei der Firma Junk in der Werbung und im Verkauf. Die Fotografie ist bis heute seine Leidenschaft. Und auch der Grund, warum er mit 90 Jahren unbedingt lernen wollte, einen Computer zu bedienen. Sein in Frankreich lebender Sohn hat ihm Abend für Abend quasi in einem Vater-Sohn-Fernkurs die Filmschnitt-Software "pinnacle" erklärt. "Seit ich alles kapiert habe, ist die Foto- und Filmbearbeitung mein Hobby", schwärmt der 95-Jährige und führt vor, wie er per Mausklick Reisefotos und Videos vertont. Für jedes seiner Kinder hat der Senior einen eigenen Lebensfilm produziert.
Die Trauer über den Tod seiner Frau hat er auch in einem Film verarbeitet. "Den sehe ich mir jeden Abend an. Und dann geht es mir besser!"

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