Justiz Wenn im Prozess der Wurm drin ist

Trier · Beinahe wäre die Verhandlung gegen drei junge Serieneinbrecher vor dem Trierer Landgericht geplatzt, weil eine Zeugin und der Verteidiger fehlten.

Beinahe wäre die Verhandlung gegen drei junge Serieneinbrecher geplatzt, weil eine Zeugin und der Verteidiger fehlten.
Foto: Friedemann Vetter

Fast 30 Einbrüche, begangen vorwiegend in Trier und im Kreis Bernkastel-Wittlich, werden den Angeklagten K. (28), B. (26) und W. (20) vorgeworfen. In wechselnder Besetzung sollen sie vorwiegend Gaststätten mit „geldhaltigen” Glücksspielautomaten heimgesucht haben. In einigen Fällen geht die Anklage von noch nicht überführten Mittätern aus, gegen die noch ermittelt wird.

Zu den erbeuteten Geldsummen kamen meist noch hohe Sachschäden an Einrichtungen und Gebäuden hinzu. Den Gesamtschaden schätzt die Staatsanwaltschaft auf rund 50 000 Euro. Die drei Angeklagten haben an den drei vorangegangenen Sitzungstagen der Ersten Großen Jugendkammer weitgehende Geständnisse abgelegt (der TV berichtete). Allerdings wichen die Angaben des Trios dabei teilweise vom Inhalt der Anklage ab.

Wer war mit wem an welchem Einbruch beteiligt? Aufgabe der Kammer ist es, in mühsamer Kleinarbeit Taten, Tatorte und Geständnisse richtig zuzuordnen. Kein Problem sind hingegen die zusätzlich vorgeworfenen Verkehrs- und Betäubungsmitteldelikte sowie der Diebstahl von Autokennzeichen und deren illegale Nutzung an einem nicht zugelassenen Auto.

Für den jüngsten Verhandlungstag hat die Kammer zwei Zeuginnen geladen. Eine sitzt pünktlich um 9 Uhr vor der Saaltür. Von der anderen ist nichts zu sehen. Auch der Verteidiger des Angeklagten K. fehlt – und ohne ihn kann nicht verhandelt werden. Recherchen ergeben, dass die Mitarbeiterin des Anwalts kurz nach 9 Uhr im Sekretariat angerufen hat und mitteilte, dass ihr Chef mit einer Grippe im Bett liege. Was jetzt? Ein Blick in die Strafprozessordnung ergibt, dass die Kammer nun auf die Schnelle einen Ersatzverteidiger heranziehen muss. Eine Alternative ist die Vertagung der Sitzung. In dem Fall jedoch eine fatale Entscheidung, denn die Frist zwischen zwei Verhandlungstagen wäre überschritten – der letzte war am 19. Februar. Damit würde der Prozess platzen, und das Verfahren müsste wieder neu aufgerollt werden.

Dann erscheint die eilig herbeigerufene Trierer Anwältin Sylvia Karrenbauer. Die Strafrechtlerin schlägt zunächst mal hilflos mit den Flügeln, denn sie hatte bisher nichts mit dem Verfahren zu tun, kennt weder den Angeklagten K. noch das, was ihm vorgeworfen wird. Es folgt eine Schnelleinweisung durch die Kollegin Anja Hartkorn, die den Angeklagten B. verteidigt. Danach entscheidet der Vorsitzende Richter Günther Köhler: „Heute machen wir nur noch einen Kurztermin, um die Frist zu wahren. Wir nehmen Lichtbilder von dem gestohlenen Autokennzeichen in Augenschein.”

Nach Betrachtung des Luxemburger Nummernschilds wird die allein erschienene Zeugin verabschiedet und für die nächste Sitzung geladen. Die zweite Zeugin fehlt noch immer unentschuldigt. Deshalb gibt es an diesem Tag doch noch einen Gerichtsentscheid: 250 Euro Ordnungsgeld und die Anordnung ihrer polizeilichen Vorführung am nächsten Sitzungstag, dem 18. März, 9 Uhr.

Vorsitzender Köhler: „Dann hören wir die Zeuginnen, die Sachverständige, die Plädoyers und kommen dann zum Urteil.” Alle Beteiligten sollten sich also auf einen langen Tag vorbereiten.

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