Betrug auf der Karriereleiter

TRIER. Im Spiel von Sonne und Schatten fanden sich zahlreiche Neugierige in den Kaiserthermen ein, um das erste Open-Air-Theatercafé zu besuchen. In einem kurzweiligen Mix aus Probesequenzen, Interviews und Werkstattberichten erhielten sie erste Einblicke in die "Medea"-Produktion, die am Samstag die neunten Antikenfestspiele eröffnet. Gäste und Ensemble gaben sich publikumsnah und gerüstet für die Premiere.

Und ewig krächzen die Raben. Jedenfalls am Sonntagmorgen in den Kaiserthermen. Dabei dominieren beim von Peter Oppermann moderierten Open-Air-Theatercafé eigentlich die leisen Töne. Selbst der eilends herbeigerufene Tierschutzbund weiß keinen Rat, offenbar sucht ein Rabenpärchen aufgeregt im antiken Gemäuer nach seinen Kindern. Aber im Grunde ist es ein gutes Training, drohen doch bei der "echten" Vorstellung auch schon mal Störgeräusche von der nahe gelegenen Eisenbahn. Allerdings wird es nicht so heiß sein, am Samstagabend ab 21 Uhr. An diesem Sonntag knallt die Sonne unbarmherzig auf die Metall-Tribüne, und ständig wandert der eine oder andere Besucher in eine schattige Ecke, um dem drohenden Hitzschlag vorzubeugen. An der Konzentration auf das Thema "Medea" ändert das nichts. Spannend sind für das Theatercafé-Publikum immer die Einblicke in die Produktion. Zum Beispiel in die Kostüme von Susanne Füller, deren Figuren auf einem großen Plakat präsent sind. Sie besitzen durchaus moderne Elemente und vor allem eine präzise Farbdramaturgie, die eng an die jeweilige Rolle angelegt ist. Doch es geht ja weniger um Textilien als um Texte beziehungsweise deren Umsetzung durch die Akteure. Die Hauptdarstellerin Bettina Rehm beschreitet einen eigenwilligen Weg der Textverarbeitung: "Ich gehöre nicht zu den Leuten, die mit dem gelernten Text zur ersten Probe kommen, ich verknüpfe den Text mit den Probeeindrücken und lerne ihn so viel besser." Dieses Aneignen mitten im Entstehungsprozess bringt Entbehrungen mit sich: "Morgens und abends proben wir, mittags lerne ich meinen Text, da bleibt wenig Zeit, um sich Trier anzuschauen", erzählt die in Köln lebende Schauspielerin dem Publikum. Dennoch kennt sie bereits die Porta Nigra, und trotz allem Premierenfieber frönt sie ihrem Fußball-Faible. "Wann beginnt das Spiel nachher? Um drei? Okay, dann sehen wir uns, bis später", verabredet sie sich mit Schauspielkollege Michael Ophelders. Da haben die beiden das Publikum längst in Medeas Bann gezogen. Mit Textauszügen aus verschiedenen Auseinandersetzungen mit dem Mythos Medea, von der antiken Sage bis zur zeitgenössischen Variante. Bühnenbildner Manfred Breitenfellner hat sein Konzept erläutert, der Chor aus acht Schauspielerinnen und Schauspielern hat einen eindrucksvollen Eindruck in die schwierige Erarbeitung rhythmisch gesprochener Texte geliefert. Die Ausschnitte aus dem Schauspiel wirken fast wie Musiktheater, vor allem durch die mächtigen Kontrapunkte von Percussionist Jochen Krämer, der auf sein Blech eindrischt und überraschend kontrollierte Klänge hervorzaubert. Die mitgebrachten Chipstüten, die der Chor offenkundig bei der Aufführung einsetzen wird, bleiben einstweilen noch zu. Wer neugierig ist, welchem Zweck sie dienen, muss schon zu einer der Vorstellungen am 17., 18., 30. Juni oder 16. Juli kommen.

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