Big Brother filmt nicht mehr

TRIER. Ein Anwohner der Helenenstraße darf den Parkraum vor seinem Haus nicht länger per Videokamera überwachen. Das hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD ) entschieden.

"Wir haben dem Herren schriftlich jedes weitere Filmen in dieser Art untersagt. Das vorhandene Filmmaterial muss er vernichteten", teilte ADD-Pressesprecher Michael Ziewers gestern mit. Heinz Müller (Name geändert) hat über Jahre hinweg und mehrfach im Monat Falschparker in seiner Straße beim Ordnungsamt angezeigt, als Beweismaterial dienten ihm Videoaufnahmen. Aufgrund eines TV-Artikels über die filmische Überwachung schaltete sich die ADD, zuständige Behörde für den Datenschutz im privaten Bereich, ein. Jetzt liegt das Ergebnis der behördlichen Untersuchungen vor: "Offenbar hat der Herr die Straße permanent überwacht, aber die Videoüberwachung des öffentlichen Verkehrsraums ist unzulässig", sagt Ziewers. Mit Konsequenzen müsse der Beamte im Ruhestand allerdings nicht rechnen. Doch damit ist der Sachverhalt weder abgeschlossen noch aufgeklärt. Denn laut ADD stehe noch nicht fest, ob das städtische Ordnungsamt - das aufgrund der Anzeigen hunderte Anhörungsbögen mit angehängten Überweisungsformularen versendet hat - richtig gehandelt hat: "Es wird geprüft, ob die Stadt das von der Privatperson unrechtmäßig erworbene Material hätte auswerten dürfen", erklärt Ziewers. Das Rathaus gibt sich zurückhaltend: "Wir haben die ADD gebeten, uns eine Weisung zu erteilen, wie wir uns in dieser Angelegenheit in Bezug auf die Vergangenheit und die Zukunft verhalten müssen", sagt der städtische Pressesprecher Ralf Frühauf. Die weitere Prüfung hat die ADD an den rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten für den Bereich Verkehr, Klaus Rabenhorst, weitergegeben. Weil dem Rathaus nie Videoaufnahmen vorgelegen hätten, sondern immer nur schriftliche Anzeigen, hätte das Amt mit der Versendung der Anhörungsbögen richtig gehandelt, erklärt Rabenhorst. Außerdem könnten dem Anwohner die Falschparker ebensogut bei einem Blick durchs Fenster aufgefallen sein - dann wären die Anzeigen ohne Frage rechtens. Im Mai hatte Müller allerdings geäußert, die Straße regelmäßig zu filmen und einmal im Monat die Bänder auszuwerten. Auf aktuelle TV-Anfrage rudert er allerdings zurück: "Ich bin falsch verstanden worden. Wenn ich einen Falschfahrer bemerkt habe, habe ich für drei, vier Sekunden die Kamera draufgehalten." Und: "Auf Nachfragen seitens des Ordnungsamtes habe ich jedes Mal schriftlich mitgeteilt, dass ich Videoaufnahmen als Beweis habe." Die Bänder, die darüber Aufschluss geben können, ob permanent oder nur sekundenlang gefilmt wurde, hat die ADD während der wochenlangen Untersuchungsphase nicht überprüft. Rabenhorst will sich jetzt noch einmal genaueren Einblick in die Sachlage verschaffen. "Wie im Nachhinein aufgrund der unrechtmäßig erworbenen Daten das Vorgehen des Ordnungsamtes beurteilt wird, muss noch geprüft werden", sagte er dem TV. Heinz Müller will sich in Mainz beschweren: "Meiner Meinung nach genießt ein Auto keinen Datenschutz. Außerdem kommt ja niemand außer mir an die gefilmten Kennzeichen ran!" Falschparker will er auf seinen eigens entworfenen Formularen weiter beim Trierer Ordnungsamt anzeigen. "Dafür brauche ich schließlich keine Videokamera!"

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