Weinwirtschaft Kein neuer Chef für Bischöfliche Weingüter Trier in Sicht

Trier · Seit fünf Monaten sind die Bischöflichen Weingüter führungslos. Seit Güterdirektor Karsten Weyand und Marketing- und Vertriebsleiter Alexander Jelen den Betrieb verlassen haben, hängt ihre Nachfolge in der Schwebe. Wie geht es weiter?

 Die Bischöflichen Weingüter in Trier in der Gervasiusstraße.

Die Bischöflichen Weingüter in Trier in der Gervasiusstraße.

Foto: TV/Verona Kerl

2020 steht den Bischöflichen Weingütern ein entscheidendes Jahr bevor. Die Weichen für die Zukunft müssen neu gestellt werden. Doch wer stellt sie? Seit Oktober 2019 sind die entscheidenden Posten unbesetzt. Als Güterdirektor Karsten Weyand im Juni vergangenen Jahres seinen Rückzug ankündigte, ließ Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Bischöflichen Weingüter, wissen, die Nachfolge werde „zeitnah“ geregelt (der TV berichtete). Einige Wochen später gab Marketing- und Vertriebsleiter Alexander Jelen bekannt, auch er verlasse die Bischöflichen Weingüter zum 30. September. Ein herber Verlust, denn Weyand und Jelen waren ein eingespieltes Führungsduo und verließen das Unternehmen auf eigenen Wunsch.

Dass die Suche nach ihren Nachfolgern sich so lange hinziehen wird, damit hatte von Plettenberg zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht gerechnet. Vom 15. bis 17. März wollten sich die Bischöflichen Weingüter, gemeinsam mit den wichtigsten regionalen und überregionalen Weingütern auf der bedeutendsten internationalen Weinmesse, der ProWein in Düsseldorf, präsentieren. Doch nach der Absage der ITB Berlin wurde auch diese Messe wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus auf einen noch unbestimmten Termin im ersten Halbjahr verschoben.

So planten die Bischöflichen Weingüter, dort erstmals ihre komplette neue Kollektion Großer Gewächse zu zeigen. Diese Kollektion umfasst fünf trockene Rieslingweine der Spitzenkategorien aus den Steillagen Scharzhofberger, Kanzemer Altenberg, Trittenheimer Apotheke, Piesporter Goldtröpfchen und Graacher Himmelreich. Ist die Verlegung der Messe für den Betrieb also Glück im Unglück?

Wer vertritt dort und auf den kommenden Weinmessen das mit 130 Hektar größte Weingut in der Region? Bistumssprecherin Judith Rupp sagt auf TV-Nachfrage: „Sowohl bei der Besetzung der Stelle des Güterdirektors wie auch der Marketingleitung gibt es derzeit nichts Neues. Ablauf und Zeitbedarf hängen bei der Besetzung hochspezialisierter Führungspositionen nach der allgemeinen Ausschreibung sehr von den jeweiligen individuellen Rahmenbedingungen ab. Deshalb sind Vergleiche oder zeitliche Einschätzungen eher schwierig zu treffen.“ Mit dem letzten Satz bezieht sich Judith Rupp auf das neue Duo des Weingutes Karthäuserhofes in Trier-Eitelsbach, das dort seit kurzem  die Geschäftsführung übernommen hat (siehe Info). Erst einmal soll es bei den Bischöflichen so weitergehen: „Die Vertretung ist innerhalb des Hauses gut geregelt. Bei den nun beginnenden Weinmessen sind die Bischöflichen Weingüter natürlich dabei; in der Regel in der Person vom Vertriebsleiter für den Export, Dennis Schmitt, und weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Für Experten aus der Weinbranche gibt diese lange Vakanz Rätsel auf. Spekulationen über mögliche Nachfolger schießen seit Wochen ins Kraut. Ein gewöhnlich gut informierter Insider sagt: „Es ist schon komisch. Keiner rückt mit der Sprache raus. Dabei glaube ich: Der Job als Güterdirektor ist eine hochattraktive Geschichte, bei der man auch Entfaltungsmöglichkeiten hat.“ Allerdings, räumt er ein, „sind Spitzenkräfte schon rar gesät“. Auf der anderen Seite hätten die Bischöflichen Weingüter tolle Lagen, ein riesiges Portfolio und seien darüber hinaus ein renommierter Betrieb.

Dennoch rumort es. Andere Kreise mutmaßen, die angeblich verkrusteten Strukturen bei den Weingütern seien schuld an der Misere. Der Betrieb sei nicht ausgerichtet auf die veränderten Bedürfnisse und Herausforderungen des Weinmarktes. Ein modernes Unternehmen müsste anders aufgestellt sein, meint eine andere Quelle.

Der Wille zur Neuausrichtung fehle beim verantwortlichen Verwaltungsrat, der dafür natürlich auch das nötige Geld in die Hand nehmen müsste. Immer mal wieder kursierten auch Gerüchte über heiße Kandidaten. Bisher verliefen aber offenbar alle Gespräche mit Bewerbern im Sande. Die Verwaltungsrat suche die „eierlegende Wollmilchsau“, heißt es. Tatsächlich sind in der Stellenanzeige die Anforderungen an den neuen Güterdirektor umfangreich und verantwortungsvoll. Schließlich habe der Verwaltungsrat unter Vorsitz von Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg das letzte Wort. So geht die Suche weiter. Da scheint das ansonsten sehr gute Renommee der Bischöflichen Weingüter auch nicht zu helfen.

Die haben mit ihren Weinen mittlerweile einen so guten Ruf, dass sie in der aktuellen Ausgabe des Gault&Millau mit drei Trauben für sehr gute Qualitäten ausgezeichnet wurden. Wörtlich heißt es in der Bewertung: „Fantastisch, wie dieses Weingut seine Spitzenlagen zu nutzen weiß! Zum dritten Mal in Folge geht es für die Bischöflichen Weingüter Trier aufwärts in der Gault&Millau-Hitliste. Mit dem sehr guten Jahrgang 2018 zeigt sich dieser herausragende Betrieb wieder von der allerbesten Seite.“

 Die Bischöflichen Weingüter Trier in der Gervasiusstraße.

Die Bischöflichen Weingüter Trier in der Gervasiusstraße.

Foto: TV/Verona Kerl

Zum Glück kann das Weingut auf die langjährige Erfahrung von Kellermeister Johannes Becker und Weinbergsverwalter Klaus Backes zurückgreifen. Doch für eine langfristige Strategie zeichnet in erster Linie der Güterdirektor verantwortlich. Die ist in Zeiten von Strafzöllen und schwierigen Absatzmärkten wichtiger denn je.

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