Böse Überraschung für Schüler aus Trier-Nord

Trier · Unerfreuliche Nebenwirkung der Neuordnung der Schullandschaft: Die Schüler aus Trier-Nord, die ab diesem Sommer zur Realschule plus nach Süd oder West müssen, sollen für ihre Fahrtkosten selbst aufkommen. Unzumutbar - sagt man im Stadtteil.

Trier. Ein neuer Lebensabschnitt für die Noch-Viertklässler der Ambrosius-Grundschule in Trier-Nord: Weil ihre Stadtteil-Hauptschule aufgrund der Schulreform etappenweise aufgelöst wird, haben sich die meisten für die Realschulen plus in Trier-West und Trier-Süd entschieden. Doch nun kam das böse Erwachen: Weil die Entfernung zu beiden Schulen bei vielen knapp unter der Vier-Kilometer-Grenze liegt (siehe Extra), werden ihre Fahrtkosten nicht übernommen.
Bei Familien, in denendie Eltern das Fahrgeld von rund 600 Euro im Jahr nicht aufbringen können - und davon gibt es in Nord viele - heißt das: Ihre zehn- bis 15-jährigen Kinder sollen täglich zwei Mal durch die halbe Stadt laufen, Verkehrs-Knotenpunkte wie das Moselufer, Paulinstraße, Südallee inklusive.
Das könnte sich über Jahre hinziehen, denn im Moment kann niemand sagen, wann die geplante RS plus um die Ecke im Maarviertel startet. Dann müssen aber wiederum die Schüler aus Trier-Süd in entgegengesetzter Richtung auf die Mammut-Tour.
In Trier-Nord ist man sauer. "Die Eltern verlieren ihre Schule und sollen dafür noch blechen", fasst Quartiersmanagerin Maria Ohlig die Stimmungslage zusammen, "es brodelt, und die Stadt muss auf die Leute zugehen".
Das werde sie auch tun, versichert Schuldezernentin Angelika Birk, aber viel mitbringen wird sie wohl nicht. Land und Bund stehen felsenfest hinter der Vier-Kilometer-Grenze für Fahrtkosten-Zuschüsse. Und eigene Mittel darf die Stadt nicht einsetzen, wäre das doch eine zusätzliche freiwillige Leistung, und die hat die ADD angesichts der Haushaltslage ausdrücklich verboten. "Wir haben nichts unversucht gelassen", sagt die Dezernentin, "und wir werden nicht locker lassen". Derzeit prüfe die Stadt einen auf Antrag der SPD im Ortsbeirat einstimmig beschlossenen Vorschlag, mit Hilfe von Stiftungs- und Fördermodellen eine Übergangslösung zu finden.
Der Stress in Trier-Nord könnte die ohnehin sensible Stimmung beim demnächst anstehenden Neuzuschnitt der Schulbezirke noch verschärfen. Denn die Neuordnung dürfte sich stellenweise erheblich auf die Länge des Schulwegs auswirken. Die CDU versucht, bei der nächsten Stadtratssitzung bereits Pflöcke einzuschlagen: Die Schulbezirksgrenzen müssten so gestaltet werden, dass sie eine "wohnortnahe Versorgung" gewährleisten.
Das würde den Verzicht darauf bedeuten, die Schüler stärker auf die vorhandenen Schulstandorte zu verteilen. An einer baulichen Erweiterung - etwa in Tarforst - führt dann kein Weg vorbei - während andere Schulen wie Olewig weiter ausbluten.Meinung

Kurze Beine, keine Fahrtkosten
Da verstehe noch einer die Politik. Wenn es um die Grundschulen geht, wird gemäß dem Motto "Kurze Beine, kurze Wege" noch der überflüssigste Standort um jeden Preis gehalten. Sind die Beine aber mal zehn Jahre alt, sagt das Schulgesetz: Schau selber, wie du in die Schule kommst. Auch wenn es zwei Stunden Fußweg täglich bedeutet, am stockdusteren Wintermorgen wie am schwülsten Sommertag. Oder sieh halt zu, dass du Eltern hast, die sich eine Fahrkarte leisten können. Dass unter solchen Umständen die Bereitschaft der Bürger, bei Veränderungen der Schulstruktur mitzuziehen, nicht gerade wächst, liegt auf der Hand. Wenn die öffentliche Hand von den Eltern Flexibilität erwartet - etwa bei der drastischen Reduzierung der Haupt- und Realschulen -, müsste sie im Gegenzug ihrerseits die Flexibilität besitzen, Folgewirkungen abzumildern. Dass die Stadt Trier das nicht darf, ist nicht den städtischen Stellen anzulasten. Der Vorschlag aus Trier-Nord, Stiftungen in die Kostenübernahme einzubinden, ist aller Ehren wert. Und vielleicht klappt er ja zumindest für eine Übergangszeit. Aber zu einer grundsätzlichen Lösung der Probleme ist er nicht geeignet. d.lintz@volksfreund.de Laut rheinland-pfälzischem Schulgesetz haben Grundschüler bei einer Entfernung von mehr als zwei Kilometern Anspruch auf eine kostenlose Beförderung. Bei der Sekundarstufe 1 (Klassen 5 bis 10) gilt das erst ab vier Kilometern. Ausnahmen gibt es nur bei einer "besonderen Gefährdung", wofür die Bedingungen allerdings recht hoch sind. Bei Auswärtigen muss nicht die Kommune zahlen, in der das Kind wohnt, sondern die Stadt, die die Schule trägt. Das sorgt für Ärger, weil etwa Trier trotz des leeren Stadtsäckels und der maroden Schulen mehr als eine Million Euro im Jahr für Landkreis-Kinder aufbringen muss. (DiL)

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