Botanische Rarität im Ruwertal

WALDRACH/MORSCHEID. Ein Relikt aus den Warmzeiten ist im Ruwertal noch zu Hause: der "Lochschlund" (Anarrhinum bellidifolium). Das seltene Pflänzchen kommt in Deutschland nur noch an wenigen Standorten im Ruwertal und an der Saar vor.

Der Naturschutzbund (Nabu) Ruwertal sowie die Botaniker Walter Bujnoch und Ulrich Kottke setzen sich für den Schutz und Erhalt der Rote-Liste-Art ein: "Wir haben hier was ganz Besonderes. Es muss geschützt werden". Karsten Schittek, Umweltwissenschaftler vom Naturschutzbund Ruwertal, spricht vom seltenen Lochschlund, einem kleinen Pflänzchen mit hellen lila Blütentrauben. Im Ruwertal kommt es an einigen Stellen auf offenen Schieferschuttböden und zwischen Felsspalten noch vor. Ansonsten findet man in Deutschland nur noch an der Saar bei Irsch und am Geisberg einige Pflänzchen. Aufgrund seiner Seltenheit ist der Lochschlund in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedroht. In anderen Bundesländern ist er bereits ausgestorben oder verschollen. "Die Pflanze zeigt uns, dass das Ruwertal für Deutschland in klimatischer Hinsicht ein Sonderstandort ist", erklärt der Wissenschaftler. Denn eigentlich ist der wärmeliebende, aber etwas feuchtigkeitsbedürftige Lochschlund im westlichen und atlantischen Mittelmeerraum zu Hause. Im ozeanisch geprägten Spanien und Frankreich kommt die Pflanze hingegen öfter vor.Ein Rest mediterraner Vegetation

Während der postglazialen Warmzeiten (6800 bis 800 vor Christus) konnte der Lochschlund, wie viele andere wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten, von Südeuropa nach Norden vorstoßen und sich später in den warmen Tälern von Mosel, Saar und Ruwer als Rest mediterraner Vegetation halten. An der Mosel kann das Vorkommen seit einigen Jahren nicht mehr nachgewiesen werden. Um die botanische Rarität im Ruwertal zu schützen und zu erhalten, sind die Botaniker Walter Bujnoch und Ulrich Kottke in privater Initiative sowie der Naturschutzbund Ruwertal aktiv. Auf den verbleibenden Standorten wird regelmäßig der Gehölzwuchs entfernt. So auch in dem alten Schiefersteinbruch am Ortsausgang von Waldrach. Motorsägen heulen und Freischneider surren dann. Ohne diese Maßnahme würde die Pflanze bald verschwinden, denn durch fehlende Weidenutzung der Standorte wachsen diese immer mehr zu. "Und das verträgt die lichtbedürftige Rarität gar nicht", so Schittek. Sogar beim Straßenbau wurde auf die Pflanze Rücksicht genommen. Als vor einigen Jahren die K 65 im Ruwertal erneuert und begradigt wurde, hat man zwischen Waldrach und Morscheid den Straßenverlauf geringfügig geändert und durch die Anlage von stützenden Trockensteinmauern den Standort des seltenen Pflänzchens oberhalb der Straße erhalten können. Denn dem Ruwertal soll seine Rarität erhalten bleiben.

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