Brot & Spiele: Werbeeffekt gut, Zahlen zweifelhaft

Trier · Konzept, Zuschusshöhe und Wirtschaftskraft: Brot & Spiele wird derzeit nicht nur von den Trierer Kommunalpolitikern heftig diskutiert. Der Trierische Volksfreund hat sich umgehört, welche Bedeutung das Römerspektakel für die Trierer Wirtschaft hat.

Trier. Knapp eine Million Euro spült das Römerspektakel Brot & Spiele pro Veranstaltungstag in den Trierer Einzelhandel sowie in Hotellerie und Gastronomie. Das ist zumindest das Ergebnis einer Studie, die die Medienfabrik im Jahr 2009 in Zusammenarbeit mit der Universität erstellt hat. Demnach gibt jeder Brot-&-Spiele-Besucher pro Tag rund 40 Euro in Trier aus. Jeder zweite Übernachtungsgast gab bei der Umfrage unter insgesamt 300 Besuchern an, dass Brot & Spiele der Hauptgrund für den Besuch in Trier sei.
2009, als das Römerfestival noch an einem Wochenende statt wie zuletzt an zwei Wochenenden stattfand, habe sich der im Zusammenhang mit Brot & Spiele in den Trierer Geschäften, Restaurants und Hotels generierte Gesamtumsatz an zwei Tagen auf 1,8 Millionen Euro belaufen.
Starke Berichterstattung


Bei Brot & Spiele 2011 könne von einer ähnlichen Wertschöpfung ausgegangen werden, erklärt Ronald Frank, Chef der Medienfabrik, der Werbeagentur, die Brot und Spiele im Auftrag der Stadt durchführt. Zusätzlich profitiere Trier von der starken überregionalen Berichterstattung in den Medien, sagt Frank. 2011 seien in 99 Printmedien - also gedruckten Blättern wie Zeitungen oder Magazinen - knapp 2000 Beiträge erschienen. Mehr als 61 Millionen Menschen hätten dadurch Positives aus der Römerstadt Trier erfahren. Dazu kämen mehr als 387 Veröffentlichungen auf bekannten Internetseiten, zitiert Frank aus seinen Erhebungen.
Der Volksfreund hat nachgefragt, wie die Trierer Wirtschaftsvertreter diesen finanziellen Mehrwert und den Werbeeffekt für die Moselstadt bewerten:

Andrea Weber, Geschäftsführerin des Hotels Deutscher Hof und Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer: "Selbstverständlich ist Brot & Spiele ein sehr schönes Format und ein sehr stimmiger Werbeträger für die Römerstadt Trier. Die legitime Frage ist allerdings angesichts der prekären finanziellen Lage der Stadt, ob sich diese - neben dem fixen Zuschuss von 60 000 Euro - alljährlich auf ein offenbar nicht kalkulierbares Risiko einlassen kann und - wie in diesem Jahr - 45 000 Euro nachschießen kann. Dass Brot und Spiele pro Veranstaltungstag knapp eine Million Umsatz für Handel, Gastronomie und Wirtschaft verursachen soll, halte ich für eine sehr rosa gefärbte Zahl. Von unseren Hotelgästen besucht jedenfalls nur ein sehr geringer Teil Brot & Spiele, und die Zahl unserer Gäste, die wegen Brot & Spiele bei uns buchen, ist auch sehr überschaubar. Aber das kann in anderen Hotels, deren Zielgruppe eher Familien sind, durchaus anders sein."

Karin Kaltenkirchen, Vorsitzende des Trierer Händlerrings City-Initiative: "Triers römische Stätten zu bespielen, ist für die Vermarktung der Stadt sehr wichtig! Aber eine spürbare direkte Auswirkung auf den Umsatz im Trierer Einzelhandel ist nicht messbar - zumal im September ohnehin sehr viel los ist in der Stadt. Zwar ist es tatsächlich sehr schwierig, ein solch großes Event auf die Beine zu stellen - aber dass die Stadt im Nachhinein regelmäßig ein nicht kalkuliertes Defizit decken muss oder gar ihren fixen Zuschuss erhöht, geht meiner Meinung nach nicht."

Hans Albert Becker, Leiter der Tourist-Information: "Dass Tagesgäste bei einem Trierbesuch durchschnittlich 30 bis 40 Euro in unserer Stadt ausgeben, bestätigen auch andere Studien. Allerdings stellt sich immer die Frage, aus welchem Grund die Touristen nach Trier kommen - wie viele alleine wegen Brot & Spiele anreisen, steht nicht fest. Aber natürlich trägt auch Brot und Spiele dazu bei, dass Trier überregional in den Medien vorkommt - und das mit sehr schönen Bildern. Daraus entsteht durchaus ein Langzeiteffekt, der die Leser oder Zuschauer irgendwann nach Trier führen kann. Damit die Tourist-Information Brot & Spiele allerdings gut vermarkten kann, müssen die Fakten - neben dem Termin auch der Titel des Schauspiels, welcher Star die Hauptrolle übernimmt und wie das Programm insgesamt aussieht - feststehen. In diesem Jahr fehlen uns diese Informationen leider."

Helmut Scheuering, Kreisvorsitzender Trier-Saarburg des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands: "Jedes Event in Trier bringt Gäste und Kaufkraft, keine Frage. Aber im September sind die Hotels in Trier und der Region ohnehin sehr gut gebucht - auch ohne Brot & Spiele. Welche Wirtschaftskraft das Römerspektakel daher tatsächlich hat, ist schwierig zu messen. Meiner Meinung nach ist der städtische Gesamtzuschuss von mehr als 100 000 Euro allerdings gerechtfertigt - schließlich fließt eine Menge Geld zum Beispiel über die Gewerbesteuer der Betriebe, in denen die Gäste ihr Geld ausgeben, an die Stadt zurück."Extra

Die Medienfabrik hat für Brot & Spiele 2011 insgesamt 413 600 Euro ausgegeben, inklusive Künstlersozialabgaben und -honoraren, ihres eigenen Honorars und der Abgabe an den regionalen Verkehrsverbund VRT (die Brot-&-Spiele-Gäste können kostenlos mit Bus und Bahn in und nach Trier fahren). Das Budget setzt sich zusammen aus 138 000 Euro aus Spenden und von Sponsoren, 60 000 Euro zahlt die Stadt als fixen Zuschuss, 67 500 Euro das Land. Der Rest sollte über die Einnahmen aus dem Verkauf von Karten, Standgebühren und Werbeeinnahmen generiert werden. Statt der erhofften 214 300 Euro nahm die Medienfabrik allerdings nur 147 500 Euro aus dem Ticketverkauf ein. Das Gesamtdefizit betrug rund 45 000 Euro, die die Stadt nun nachzahlen muss. Der städtische Kulturausschuss will in seiner nächsten Sitzung beraten, wie es mit Brot & Spiele weitergehen soll. Die Medienfabrik hatte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit vorgeschlagen, das Programm in den Kaiserthermen - das hohe Kosten verursacht, zu dem aber immer weniger Besucher kommen - zu streichen. Sollten das römische Dorf, die römischen Werkstätten, Handwerkerstände und Gladiatorenkurse für Kinder aufrechterhalten werden, müsse die Stadt ihren Zuschuss erhöhen (der TV berichtete). Insgesamt wurden für Brot & Spiele in diesem Jahr 16 994 Eintrittskarten (Kaiserthermen und Amphitheater) verkauft, weitere 3722 Tickets wurden kostenlos abgegeben an Kinder, Sponsoren und Presse. woc

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