Brummis im Ort: Anwalt prüft Ausnahmeregelung

Hetzerath · Seit 30 Jahren fordern die Hetzerather, dass ihr Ort von den Lastwagen verschont bleibt, die ihn nur als Abkürzung nutzen. Geändert hat sich nach Meinung der Bürger nicht viel. Nun soll geklärt werden, ob die erteilten Ausnahmegenehmigungen rechtens sind.

Hetzerath. Es dauert einige Minuten, bis Ortsbürgermeister Werner Monzel die Chronologie zum Thema "Schwerlastverkehr in Hetzerath" verlesen hat. Das ist aber kein Wunder, denn schließlich begann die Diskussion darüber im Jahr 1982. Da forderte die Gemeinde erstmals die Sperrung der Ortsdurchfahrt (Landesstraße 141) für den Schwerlastverkehr. Unterschriften helfen nicht

30 Jahre später hat sich nach Ansicht der Bürger und des Gemeinderates nichts zum Besseren gewendet, obwohl es seit November 2010 ein Durchfahrverbot gibt, dass allerdings mit dem Zusatz "Anlieger frei" versehen ist. Viele Brummifahrer aus der Umgebung nehmen weiter den Weg durch den Ort, um Autobahnmaut und ein paar Kilometer zu sparen. Momentan scheint die Situation eher ausweglos. Selbst der Bürgerbeauftragte des Landes konnte trotz 750 Unterschriften besorgter Bürger nichts ausrichten. Der Petitionsausschuss des Landtages sieht keine Möglichkeit der Abhilfe.Größter Aufreger: Es gibt nach Auskunft von Ortsbürgermeister Werner Monzel sieben Ausnahmegenehmigungen für Firmen aus umliegenden Gemeinden. Deren Fahrzeuge dürfen also durch den Ortskern fahren, der laut Beschilderung nur für Anliegerverkehr frei ist. Welche Möglichkeiten bleiben denn nun überhaupt noch, um eine Verbesserung für die Bürger zu erreichen? Die Gemeinde wird, das hat der Rat beschlossen, einen Fachanwalt zu Rate ziehen. Er soll exemplarisch an einer Ausnahmegenehmigung prüfen, ob es hier rechtmäßig zur Sache geht."Wir sehen nicht ein, dass Unternehmen rein aus Profit durch den Ort fahren", sagt Ortsbürgermeister Monzel unmissverständlich. Für Markus Lorenz, der im November 2008 maßgeblich an der Gründung der Bürgerinitiative "Für ein lebenswertes Hetzerath" beteiligt war, wäre es ein Zeichen guten Willens, wenn wenigstens das Zusatzschild "Anlieger frei" durch "Lieferverkehr frei" ersetzt würde. "Dann wäre das auch kontrollierbar", sagt er. Lieber wäre es ihm aber, wenn die Sonderrechte rückgängig gemacht würden. Die Polizei habe mehrfach kontrolliert, sagt Hans-Jürgen Riedmann, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Wittlich. Doch diese Kontrollen seien wirkungslos, solange es den Zusatz "Anlieger frei" gebe. Gebe der Fahrer an, sich ein Brötchen kaufen zu wollen, seien der Polizei die Hände gebunden. Markus Lorenz spricht in diesem Zusammenhang von einem "Freifahrtschein". Er moniert zudem, dass viel Lastwagen schneller fahren als die erlaubten 30 Stundenkilometer. Verena Blümling von der Pressestelle des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz bestätigt die Ausnahmegenehmigungen. Sechs Firmen seien als Anlieger anerkannt worden, da sie sich im direkten Umfeld befinden. Eine Wittlicher Spedition habe eine Ausnahmegenehmigung für Tankfahrzeuge erhalten, um längere Fahrstrecken zu minimieren. Insgesamt habe sich der LKW-Verkehr seit November 2010 bis heute aber deutlich reduziert. Meinung

Entscheidung vor dem KadiSeit 30 Jahren wird in Hetzerath über die Lastwagen gestritten, die durch den Ort fahren, ohne ihn zum Ziel zu haben. Solch ein Zeitraum war früher eine halbes Menschenalter. Die Meinung der Bürger ist bisher weitgehend ungehört geblieben. Sie fühlen sich allein gelassen und in ihrer Lebens- und Wohnqualität eingeschränkt. Da bleibt eigentlich nur noch ein Weg: der vor ein Gericht, das die Sachlage klären muss. Es gibt viele Facetten in der langen Geschichte. Etwas blieb bisher offen und darauf hoffen viele Bürger, deren Geduld langsam zu Ende geht. Ist es wirklich notwendig, dass so viele Lastwagen durch einen Ort fahren, in dessen unmittelbarer Nähe drei Autobahnzufahrten liegen? Der gesunde Menschenverstand sagt Nein. Aber auf den kommt es nicht immer an, wenn es ums Geschäft geht. c.beckmann@volksfreund.deExtra

Mehrfach ist in Hetzerath der Verkehr gezählt worden. 2009 waren es täglich 7100 Fahrzeuge, davon zwischen zehn und elf Prozent Lastwagen (über 7,5 Tonnen). Seit November 2010 gilt die Auflage, dass nur noch Anlieger den Ort befahren dürfen. Eine Zählung im Juni 2011 ergab: Die Zahl der Schwerlaster ging zurück, die Zahl der Autos nahm zu. Der Ist-Zustand im Dezember 2012: täglich etwa 7500 Fahrzeuge, davon zehn Prozent Schwerlastverkehr. Im End effekt also ähnlich viele Laster wie vorher. cb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort