Budgetüberschreitung im Trierer Kulturdezernat höher als bisher bekannt - Abgesagtes "NeroHero" kostet 130.000 Euro

Trier. · Die Budgetüberschreitung im Dezernat von Thomas Egger (SPD) ist höher als bisher bekannt. Zwei Millionen Euro stehen für 2015 hinter dem Minus, räumte Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) gestern ein. Bisher war von 1,3 Millionen Euro die Rede. Sein Kommentar: „Wir geben jetzt Geld für nichts aus.“

 Claudio Gatzke in seiner ersten Trierer Rolle in Molière: Die Hälfte der Theaterbesucher kommt laut Statistik nicht aus der Stadt Trier. Foto: Vincenzo Laera/Archiv

Claudio Gatzke in seiner ersten Trierer Rolle in Molière: Die Hälfte der Theaterbesucher kommt laut Statistik nicht aus der Stadt Trier. Foto: Vincenzo Laera/Archiv

Foto: vincenzo laera (g_kultur


Der Kulturdezernent ist nicht mit dabei, als OB Wolfram Leibe und Bürgermeisterin Angelika Birk (Bündnis 90/Die Grünen) sich am Montagnachmittag den Fragen der Presse stellen. "Thomas Egger hat einen wichtigen Termin", sagt Leibe auf Nachfrage des TV. Wäre Egger anwesend, müsste er sich ein weiteres Mal Fragen über die Finanzen in seinem Dezernat stellen. So übernimmt das der Verwaltungschef, und er benutzt sehr deutliche Worte.

"Mein Ziel ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Kommunalaufsicht, die unseren Haushalt genehmigen muss", sagt Triers Verwaltungschef und Finanzdezernent. "Aber in Situationen, wie wir sie jetzt erleben, ist man als Oberbürgermeister ganz schnell der Arsch vom Dienst."

Die "Situationen, wie wir sie jetzt erleben", beziehen sich auf die aktuellen Überschreitungen des Theaterbudgets in 2015 und 2016 um jeweils 1,3 Millionen Euro . OB Leibe hat daraufhin eine Haushaltssperre im Bereich der sogenannten freiwilligen Leistungen verhängt. Die Sperre umfasst zehn Prozent der Budgets.

"Doch zurzeit sieht es so aus, als könnten wir lediglich maximal 100.000 Euro dieser Überschreitung kompensieren", sagt Leibe. Realistische Chancen, die Millionenlücke zu schließen, sehe er nicht. Vor allem, weil die schlechten Nachrichten nicht enden wollen.

Der TV stellt die Frage, ob nach der Entdeckung der insgesamt 2,6 Millionen Euro hohen Überschreitung der Jahre 2015 und 2016 eine interne Untersuchung stattgefunden hat, die feststellen soll, ob es noch bisher unbekannte weitere überzogene Budgets gibt. Leibes Antwort: "Ja." Für 2015 betrage die Überschreitung der freiwilligen Leistungen im Dezernat Egger nicht wie bisher bekannt 1,3 Millionen Euro, sondern zwei Millionen Euro.

"NeroHero" - ganz und gar nicht heldenhaft

Und es geht noch weiter. Die Tanzperformance "NeroHero" kostet die Stadt Trier 130.000 Euro, obwohl sie gar nicht stattfindet. Thomas Egger hatte sie abgesagt. Verträge mit Künstlern, die trotz Absage eingehalten werden müssen, Kosten für Bühnen- und Audiotechnik, Werbung und Marketing. Leibe bestätigt im Pressegespräch: "Wir geben jetzt Geld für nichts aus."

Die große Nero-Ausstellung, die bereits 50.000 Besucher gesehen haben, hat einen städtischen Budget-Anteil von 600.000 Euro. Davon waren 370.000 Euro nur für "NeroHero" reserviert.

Die Aufsichts- und Dienstleitungsdirektion (ADD) ist als Kommunalaufsicht die Kontrollinstanz für den Trierer Haushalt. Leibe fürchtet offenbar ernste Konsequenzen, sein Appell ist sehr emotional: "Ich will einen realistischen Haushaltsansatz für 2017 und 2018. Das darf kein Fake werden." Mit "Fake", dem englischen Begriff für Täuschung und Betrug, meint Leibe einen an der Oberfläche stimmigen Haushalt, der dann aber von später plötzlich auftauchenden Defiziten und Überschreitungen ad absurdum geführt wird.

"Das darf nicht geschehen", sagt Leibe. "Ich will glaubwürdig bleiben." Die Stadt Trier hat zurzeit 750 Millionen Euro Schulden.

Der Kommentar: Vertrauen völlig zerstört
Von Jörg Pistorius
Die finanziellen Probleme im Dezernat von Thomas Egger sind so groß, dass Oberbürgermeister Wolfram Leibe - ebenso wie Egger Sozialdemokrat - Angst um seine Glaubwürdigkeit und um die Stabilität des Trierer Haushalts bekommen hat. Überzogene Budgets, die Absage von "NeroHero" und die öffentlich geführte Auseinandersetzung um den Intendanten Karl Sibelius haben offenbar die Vertrauensbasis zwischen dem Kulturdezernenten und dem Oberbürgermeister total zerstört. Es war ein klares taktisches Manöver, Egger gestern nicht zum Pressegespräch des Stadtvorstands mitzunehmen. Ein Manöver, das dazu dienen sollte, den hart kritisierten Dezernenten aus der Schusslinie zu nehmen. Außerdem sollte es Egger die Chance nehmen, den OB wieder zu einer Machtprobe wie im Fall Sibelius herauszufordern.

Theoretisch kann es bis zum Ende von Eggers Amtszeit als Dezernent 2018 noch so weitergehen. Der OB greift immer dort ein, wo der Dezernent es nicht will oder kann. Doch das ist wahrhaftig nicht der Sinn der Sache. Die simple Wahrheit lautet: Thomas Egger ist als Kulturdezernent gescheitert. Er sollte die Konsequenzen ziehen und sein Amt zur Verfügung stellen.
j.pistorius@volksfreund.de

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