Bühne ohne Künstler, Beifall ohne Ton

Trier · Ein Poetry Slam der besonderen Art fand am Wochenende im Mergener Hof statt. Die Zuhörer konnten sich ganz auf die Stimmen der Poeten konzentrieren, die hinter einer schwarzen Wand verdeckt ihre Texte vortrugen. Abgestimmt wurde anschließend mit Gebärdenapplaus.

 Publikum sieht Künstler nicht, Künstler (rechts: Sascha Kirchhoff) nicht das Publikum. Applaus gibt's per Gebärde. So funktioniert der Silent Slam. TV-Fotos (2): Karin Pütz

Publikum sieht Künstler nicht, Künstler (rechts: Sascha Kirchhoff) nicht das Publikum. Applaus gibt's per Gebärde. So funktioniert der Silent Slam. TV-Fotos (2): Karin Pütz

Foto: Karin Pütz (kap) ("TV-Upload P?tz"

Trier. Während sich dieser Tage alles um lautes Motorgedröhne dreht, geht es im Mergener Hof besonders leise zu. Etwa 40 Zuhörer mit Kopfhörern sitzen draußen im Innenhof und lauschen teils mit geschlossenen Augen den Geschichten der acht Poetry Slammer, die nacheinander auftreten. Am Ende wird sich ein Sieger herausstellen - gewählt durch Gebärdenapplaus der Zuhörer.
Premiere für Trier

Bühne ohne Künstler, Beifall ohne Ton
Foto: Karin Pütz (kap) ("TV-Upload P?tz"


Dieser sogenannte Silent Slam habe bisher nur in Koblenz und Frankfurt stattgefunden, erklärt Moderator Peter Stablo vom Kultur Raum Trier e.V. zu Beginn der Veranstaltung. Daher ist die Sache mit dem Gebärdenapplaus gar nicht so einfach und auf jeden Fall ausbaufähig. "Wir üben das jetzt mal", spricht Stablo leise ins Mikrofon, das mit den kabellosen Kopfhörern, die die Zuhörer tragen, verbunden ist. Alle strecken die Arme nach oben und schütteln die Hände aus. "Hat was von Sitztanz im Seniorenheim", meint Stablo trocken, und die Zuhörer, meist im Alter zwischen 20 und 30, lachen. "Den Applaus so abzustufen ist schwierig", findet auch Besucher Behnam Hassani, und auch die an Klatschen und Johlen gewöhnte Slammerin Fanny Rieth findet diese Art der Zustimmung ungewohnt. Für die Zuhörer ist die Konzentration nur auf die Stimmen der Vortragenden auf jeden Fall ein interessantes Erlebnis - sie können sich nicht durch Gesten, Kostüme oder Grimassen beeinflussen lassen.
"Die Fokussierung auf eine Sinneswahrnehmung ist der Sinn des Silent Slams", sagt Peter Stablo. Jeder der acht Teilnehmer hat seine Stärke: So erzählt die 19-jährige Marie Marxmeier bildhaft von ihren Eindrücken als Triererin, Alex Krewer hat eine besonders variantenreiche Sprechstimme.
Sascha Kirchhoff trumpft mit politisch unkorrektem, aber treffendem Humor. "Mein Kumpel hat das Downsyndrom. Aber er zählt keine Chromosomen, er zählt auf mich", heißt es in seinem Text.
Am Ende ist er der Sieger des ersten Trierer Silent Slams - von Organisator Peter Stablo wurde dieses Ergebnis allerdings nicht nur durch Gebärdenapplaus, sondern zur Sicherheit zusätzlich durch Aufzeigen der Zuhörer ermittelt.

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