Bundesgericht entscheidet über Trierer Kultur-Euro

Trier/Bingen/Leipzig · Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich heute mit der Frage, ob die Kultur- und Tourismusförderabgabe der Stadt Trier rechtmäßig ist. Seit eineinhalb Jahren müssen Hotels einen Euro pro Übernachtung und Gast abführen - und wehren sich seitdem dagegen. Für das Jahr 2011 wurden 714 000 Euro fällig.

Bundesgericht entscheidet über Trierer Kultur-Euro
Foto: Roland Morgen

Trier/Bingen/Leipzig. Hoteliers und Vertreter von Städten aus ganz Deutschland blicken heute gespannt nach Leipzig. Die dort zu erwartende Entscheidung kann bundesweit erhebliche Folgen nach sich ziehen.
Die beiden Fälle: Die Stadt Trier erhebt seit Anfang 2010 eine Sondersteuer auf Übernachtungen von volljährigen Gästen in Beherbergungsbetrieben. Pro Nacht ist ein Euro fällig, wobei höchstens sieben zusammenhängende Übernachtungen steuerpflichtig sind. Die Stadt Bingen erhebt einen bis drei Euro je nach Höhe der Übernachtungskosten.
Der Rechtsstreit: Die Hotels Römischer Kaiser (Trier) und NH (Bingen) klagen wegen der Abgabe jeweils gegen ihre Stadt, unterstützt vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Das Oberverwaltungsgericht in Koblenz gab den beiden Städten im Juni 2011 recht, ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung ausdrücklich eine Revision zu.
Die Bundesebene: Beide Kläger schöpften den Rechtsweg aus und zogen vor das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Auch dort werden beide Verfahren gemeinsam verhandelt. Bei einer Revision werden grundsätzlich keine neuen Tatsachen festgestellt. Es geht ausschließlich um die richtige Auslegung und Anwendung des Bundesrechts.
Das Hauptargument: Die Kläger konzentrieren ihre Strategie deshalb neuerdings auf einen angeblichen Widerspruch zwischen den Rechtsebenen. Sie beziehen sich auf die Absenkung der Umsatzsteuer für Hotelübernachtungen von 19 auf sieben Prozent per Bundesgesetz. Diese Fördermaßnahme ab Januar 2010 werde durch die neue Abgabe der Städte konterkariert. Bundesrecht habe jedoch Vorrang. "Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Argumentation in einem Urteil voll aufgegriffen", stellt Dehoga-Landespräsident Gereon Haumann fest (siehe Extra).
Die Aussichten: "Wir sind zuversichtlich für den Prozess", sagt Haumann. "Bei einer Niederlage würden wir das schriftliche Urteil im Detail analysieren, ob unsere Argumente ausreichend gewürdigt wurden." Anders als einzelne Unternehmen habe der Verband die Möglichkeit, anschließend vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen. Der Dehoga will unbedingt verhindern, dass sich Städte landes- und bundesweit ein Beispiel an Trier nehmen und ähnliche Abgaben einführen.
Das Urteil: Das BVerwG urteilt in der Regel nach einer internen Beratung noch am selben Tag. Doch auch eine längere Bedenkzeit und spätere Verkündung sind möglich.Extra

Auf TV-Anfrage äußert sich Jürgen Backes vom Presseamt der Stadt zu den Aussichten: "Vor dem Hintergrund der für die Stadt positiven Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz hofft die Stadt auch darauf, dass die Satzung ebenso vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wird." Wird die Kulturabgabe allerdings für rechtswidrig erklärt, müsste die Stadt die bisher eingezogene Summe an die Hotels zurückzahlen. Für das Jahr 2011 mussten 144 steuerpflichtige Betriebe 714 015 Euro zahlen - vorab hatte die Verwaltung die Einnahmen nur auf rund 600 000 Euro geschätzt. Von den insgesamt 820 328 Übernachtungen werden Gäste unter 18 Jahren und Aufenthalte, die über die ersten sieben Übernachtungen hinausgehen, abgezogen. Eine Zweckbindung der Einnahmen zur Förderung von Kultur oder Tourismus ist jedenfalls nicht möglich - das Geld fließt in den allgemeinen Haushalt der Stadt. cusExtra

Die Stadt München wollte per Satzung 2,50 Euro pro Hotelübernachtung als Abgabe fordern. Der Verwaltungsgerichtshof von Bayern urteilte jedoch im März 2012, dass die Satzung volkswirtschaftliche oder steuerliche Interessen des Staates beeinträchtige. Die Übernachtungssteuer laufe nämlich der Steuererleichterung für Hotelbetriebe zuwider. Damit bleibt den Münchener Hotels eine neue Abgabe erspart. Beherbergungsbetriebe in Städten wie Dortmund und Köln müssen dagegen eine ähnliche Abgabe wie in Trier zahlen, wobei die Konditionen jeweils abweichen. cus

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