Busch und Wiese sollen wieder Reben weichen

Kasel/Mertesdorf/Ruwer-Eitelsbach · An der unteren Ruwer nimmt die Zahl der aufgegebenen Weinberge seit Jahren zu. Um diesen Wandel zu stoppen, planen Winzer, Gemeinden und das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum ein übergreifendes Flächenkonzept. Für Kasel, Mertesdorf und Eitelsbach soll geklärt werden, wo Winzer langfristig ihre Reben anbauen können.

Kasel/Mertesdorf/Ruwer-Eitelsbach. Wuchernde Brombeerhecken, Buschlandschaften und Wiesen mit leeren Rebstöcken, an denen vor Jahren einmal Trauben hingen: Wer in den Hängen zwischen Mertesdorf und Kasel spazieren geht, entdeckt einige solcher ehemaligen Weinberge, die sich die Natur zurückerobert hat.
Diesem Wandel im Weinbau des unteren Ruwertals möchten Winzer, Ortsgemeinden und die Verbandsgemeinde (VG) Ruwer jetzt entgegensteuern. Gemeinsam mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Mosel wollen sie - zunächst für den Weinbau in Eitelsbach, Kasel und Mertesdorf - ein übergreifendes Flächenkonzept entwickeln. "Es geht um ein Leitbild", erklärt Heiko Stumm von der Abteilung Landentwicklung Obermosel beim DLR. Darin sollten die Gemeinden "klarstellen, wo sie Weinbau vorantreiben wollen und wo nicht". Zum Beispiel seien Kernlagen zu definieren, um dort gezielt die Betriebe anzusiedeln, die langfristig im Geschäft bleiben wollen. Aktuell bewirtschaften laut Stumm in den drei Gemarkungen 50 Winzer eine Rebfläche von 150 Hektar.
Um ein genaues Bild vom Weinbau an der unteren Ruwer zu erhalten, sammelt das DLR jetzt Informationen bei Winzern und Weingütern. Per Fragebogen werden etwa Daten zu Betriebsgröße, Rebfläche, Art der Bewirtschaftung und Betriebsnachfolge erhoben.
Weitere Stilllegungen drohen


Den Prozess mitinitiiert hat VG-Bürgermeister Bernhard Busch, den vor allem die Brachen stören. Sie seien ein "ideales Rückzugsgebiet für Wild" und Herd für Rebkrankheiten. Zudem erwarte er in den nächsten Jahren weitere Stilllegungen von Weinbergen. Ein Rückgang der Flächen könne bewirken, dass die Region - trotz des guten Rufs der Ruwerweine - weniger wahrgenommen werde. Zudem müssten die Weinberge als "wichtige Kulisse" für den Tourismus erhalten bleiben. Durch eine mögliche Zusammenlegung von Flächen, hofft Busch, könnten auch Winzerbetriebe von außerhalb an die Ruwer gelockt werden.
Ob es für solche Flurbereinigungen tatsächlich einen Bedarf gibt, ist laut Stumm noch völlig offen. Das solle die Befragung der Winzer klären. Möglichweise führten auch "kleinere Mittel zum Ziel". Sicher ist Stumm, dass in den drei Gemarkungen ein schnelles Ergebnis möglich ist, da "keine "teuren Wegebauarbeiten" nötig seien.
"Wir stehen dem Prozess offen gegenüber", sagt Gerhard Biewer, Vorsitzender der Winzergenossenschaft Weinmanufaktur Kasel, der 17 Nebenerwerbswinzer angehören. Biewer sieht für Kasel aber keinen akuten Handlungsbedarf. Dort gebe es eine "fast geschlossene Rebfläche" - anders als in Mertesdorf. Dort bewirtschaftet Peter Geiben vom Weingut Karlsmühle 14 Hektar Weinberg. Ihm geht es vor allem darum, in seinen Steillagen mit 80 Prozent Gefälle eine Bewirtschaftung im Direktzug, also mit Maschinen, möglich zu machen. Die Handarbeit sei wegen "des Dreifachen an Lohnkosten nicht mehr zu bezahlen". Geiben habe daher selbst schon Flächen brachfallen lassen müssen.
Kernlagen definieren


Auch Herbert Weis vom Weingut Erben von Beulwitz befürwortet die Initiative: Die Winzer bräuchten "klar definierte Kernlagen", um langfristig planen zu können. Ein übergreifendes Flächenkonzept begrüßt auch Karsten Weyand, Direktor der Bischöflichen Weingüter Trier, dem größten Weinbaubetrieb im unteren Ruwertal. Zwar seien deren Lagen "gut strukturiert". Für die Optik des Weinbaugebiets sei es aber "sinnvoll, wenn etwa Brachen mit Rebflächen in Randlage getauscht" würden.
Ob und wie das DLR vorgehen wird, klärt sich im November. Dann sollen Winzern und Gemeinden die Befragungsergebnisse vorgestellt werden.Extra

In den Weinbergslagen "Kaseler Nieschen" und "Karthäuserberg" (Eitelsbach) steht ein 2006 begonnenes vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren kurz vor dem Abschluss. Dort wurden etwa Mauern entfernt und Wendestreifen geschaffen, um die steilen Hänge direktzugfähig zu machen. Flächen wurden zusammengefasst, um eine durchgängige Bewirtschaftung der besten Lagen zu ermöglichen. Die VG Schweich hat vor etwa zehn Jahren in Kooperation mit dem DLR ein Flächenmanagement begonnen. Dort sollten moseltypische Weindörfer und Weinbergsterrassen als Elemente der Weinkulturlandschaft Mosel erhalten und die fortschreitende Verödung früherer Rebflächen gestoppt werden. 130 Hektar Brache zwischen Schweich und Pölich wurden so aufbereitet und gepflegt, damit sie sich wieder ins Landschaftsbild einfügen. Finanziert hat das Projekt zum Großteil der Bund, weil die Areale als Ausgleichsflächen für die damalige Flugplatzerweiterung in Spangdahlem anerkannt wurden. Weitere kleine Flurbereinigungen gibt es laut DLR zurzeit in den Lagen Leiwen-Laurentiuslay (15 Hektar), Leiwen-Josefsberg (8 Hektar), Pölich-Longen (13 Hektar) und Thörnich-Ritsch (30 Hektar). In der VG Trier-Land sind zwei größere Bodenordnungsverfahren angeordnet, von denen auch Weinbergsflächen betroffen sind: Grewenich-Metzdorf (48 Hektar), Langsur (80 Hektar). cweb

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