"Café Schnecke" öffnet später

Leiwen · Stillstand in der Leiwener Ortsmitte: Barrierefreie Appartements für Senioren und eine Bürger-Begegnungsstätte sollten im Herbst 2011 bezugsfertig sein, befinden sich aber immer noch im Rohbauzustand. Bauträger Club Aktiv macht das Bistum für den Missstand verantwortlich.

 Projektleiter Norbert Prostak vom Club Aktiv (rechts) und Pfarrsekretärin Elisabeth Spieles vor der künftigen Begegnungsstätte in Leiwen. Das blaue Gebäude links ist das ehemalige Schwesternheim. Es wird zu einer Senioren-Wohngemeinschaft umgebaut. TV-Foto: Albert Follmann

Projektleiter Norbert Prostak vom Club Aktiv (rechts) und Pfarrsekretärin Elisabeth Spieles vor der künftigen Begegnungsstätte in Leiwen. Das blaue Gebäude links ist das ehemalige Schwesternheim. Es wird zu einer Senioren-Wohngemeinschaft umgebaut. TV-Foto: Albert Follmann

Leiwen. In Leiwen kursieren schon spöttische Witze: Stuttgart habe seinen Bahnhof, Berlin seinen Flugplatz und Leiwen seine Senioren-WG. Im Februar 2011 gab es den Spatenstich für das Projekt des Trierer Selbsthilfevereins Club Aktiv (der TV berichtete), doch passiert ist seitdem bis auf einige Abbruch-, Mauer- und Stützarbeiten im Altbau nicht viel. Bauarbeiter sieht man hier keine, dafür macht sich die Hinterlassenschaft streunender Katzen breit. Die Immobilie, in der bis vor sieben Jahren die "Weißen Schwestern" lebten und wirkten, soll zu einer Senioren-Wohngemeinschaft mit zehn Appartements und Gemeinschaftsräumen umgebaut werden (siehe Extra).
Die benachbarte Begegnungsstätte, die ebenfalls vom Club Aktiv betrieben werden soll, sieht schon "fertiger" aus. Der Anbau zwischen Schwesternhaus und Pfarrheim steht im Rohbau, die Fenster sind drin, der Innenputz auch; als Nächstes müssten die Fußbodenheizung und der Estrich an die Reihe kommen. Da die Begegnungsstätte aber versorgungstechnisch an der Wohngemeinschaft (WG) dranhängt, herrscht auch dort seit längerem Bauflaute.
Die Begegnungsstätte (Kosten 200 000 Euro) ist ein Geschenk der Herbert- und Veronika-Reh-Stiftung an die Gemeinde Leiwen. Sie soll ein Treffpunkt werden für Jung und Alt, ein Ort, wo man gerne feiert und bei einer Tasse Kaffee klönt. Wie viele seiner Landsleute ist auch Ehrenbürger Herbert Reh sauer, dass es nicht vorangeht. Er nennt das Langzeitprojekt bereits "Café Schnecke". "Ich habe dem Club Aktiv eine Zwischenfinanzierung angeboten, bis die Zuschüsse fließen", sagt Reh. "Ich will, dass es endlich weitergeht."
Norbert Prostak vom Club Aktiv ist ebenfalls kosterniert, hofft aber, dass demnächst weitergebaut werden kann. Und zwar wie geplant mit einem Kredit der Investitions- und Strukturbank (ISB) Rheinland-Pfalz. Die Anträge sind gestellt, die Zusage steht noch aus. "Von mir werden sie keinen Fertigstellungstermin mehr hören, ich will mich nicht noch mehr blamieren", meint der Projektleiter. Er gibt dem Bistum die Schuld für die zeitliche Panne.
Drei Anläufe bis zum Vertrag


Erst im dritten Anlauf habe der Erbpachtvertrag für das Grundstück des Schwesternhauses, das der Kirchengemeinde Leiwen gehörte, beim Notar unterzeichnet werden können. Das sei im vergangenen November gewesen. Davor habe das Generalvikariat mehrfach seine eigenen Verträge zurückgezogen und überarbeitet. Prostak: "Die Folge war, dass ich jedes Jahr neue Förderanträge stellen musste. Ohne gültige Verträge gibt es keine finanzielle Unterstützung."
Nur weil dem Antrag des Club Aktiv auf vorzeitigen Baubeginn zugestimmt worden sei, so Prostak, hätten einige Arbeiten im Zwischentrakt von WG und Begegnungsstätte begonnen werden können. Dort befindet sich unter anderem der Aufzugsschacht.
Das Bistum Trier kommentiert die erhobenen Vorwürfe wie folgt: "Es ist richtig, dass mehrere Notartermine stattgefunden haben. Damit wurden die rechtlichen Voraussetzungen für das Projekt geschaffen, das Bauvorhaben läuft."
Meinung

Bedauerlicher Fehlstart
Betreutes Wohnen für Senioren und eine Begegnungsstätte für die Bürger - die Gemeinde Leiwen kann sich glücklich schätzen, solche Projekte quasi ohne eigenes Zutun zu bekommen. Damit werden die Ortsmitte aufgewertet und das soziale Leben im Ort bereichert. Umso bedauernswerter ist der Fehlstart des gemeinnützigen Projekts. Die lange verwaiste Großbaustelle hat nicht gerade dazu beigetragen, das Vertrauen der Leiwener in den Club Aktiv als Bauherr und Betreiber zu stärken. Und auch das Bistum hat unglücklich agiert. Die Kirche hat sich nach Meinung vieler Bürger durch ihre Strukturreform von der Basis entfernt. Und auch im vorliegenden Fall kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie mehr mit sich selber beschäftigt ist als dass sie das Wohlergehen ihrer Schäfchen im Auge hat. Nun sind Club Aktiv und Bistum nicht gerade Akteure, die dafür bekannt sind, Bauprojekte schnell und knallhart durchzuziehen. Das ist auch nicht ihr Kerngeschäft, ihre Stärken liegen im sozialen Bereich. Wenn schon Fehler gemacht werden, dann bitteschön lieber vor der Bauabnahme als danach. Denn im laufenden Betrieb wären Menschen unmittelbar betroffen. a.follmann@volksfreund.deExtra

Bauträger und Betreiber: Club Aktiv; Kosten: rund 650 000 Euro; Bauvolumen: zehn barrierefreie Appartements von 20 bis 25 Quadratmeter, 60 Quadratmeter großer Gemeinschaftsbereich mit Wohnküche und Essraum sowie Besuchs- und Personalräume und ein Pflegebad. Für Hauswirtschafts- und Freizeittätigkeiten ist der Betreiber zuständig, die pflegerische Leistungen übernehmen Sozialstationen oder private Dienste. Mieter: In erster Linie Senioren aus Leiwen, aber auch aus Nachbarorten wie Köwerich, Thörnich und Detzem, die ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen können (ohne Pflegestufe); Mietpreis: voraussichtlich 4,65 Euro pro Quadratmeter (ohne Versorgungs- und Betreuungskosten). alf

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