CDU-Stadtrat wirft Verwaltung Abzocke vor

Trier · CDU-Stadtrat und Staatsanwalt Thomas Albrecht kritisiert einen „Großeinsatz des Ordnungsamts“ Anfang der Woche im Umfeld der Tufa und wirft der Stadtverwaltung Knöllchen-Abzocke vor. Albrecht fordert: „Die Stadt sollte besser dort kontrollieren, wo Falschparken wirklich schadet.“

 Marc Blang hat, wie viele andere Autofahrer, das Hinweisschild auf dem Parkplatz neben der Stadtbibliothek übersehen und zieht für sein Fahrzeug einen Parkschein. Der Platz ist vor 20 Uhr für Touristenbusse reserviert.

Marc Blang hat, wie viele andere Autofahrer, das Hinweisschild auf dem Parkplatz neben der Stadtbibliothek übersehen und zieht für sein Fahrzeug einen Parkschein. Der Platz ist vor 20 Uhr für Touristenbusse reserviert.

Foto: Friedemann Vetter

Der Ärger beginnt mit einer Podiumsdiskussion des deutschen Gewerkschaftsbunds in der Tufa. Dort treten die drei Oberbürgermeisterkandidaten Hiltrud Zock (parteilos, sie startet für die CDU), Wolfram Leibe (SPD) und Fred Konrad (Die Grünen) an, der Startschuss fällt um 19 Uhr. Viele der Zuhörer sind mit dem Auto gekommen und nutzen den Parkplatz neben der Stadtbibliothek.
Doch dort ist das Parken erst ab 20 Uhr erlaubt. Zwei Schilder verraten: Der Platz ist für Touristenbusse reserviert, Privatparker dürfen dort nur zwischen 20 und 8 Uhr stehen.
Thomas Albrecht will ebenfalls zur Veranstaltung in die Tufa, als er Zeuge einer Szene wird, die er als "Großeinsatz" bezeichnet. Der Christdemokrat sieht drei Mitarbeiter der Parkraumkontrolle, die auf dem Parkplatz Knöllchen verteilen. Alle Privatparker sind dran. Auch die am Parkautomat gezogenen Tickets bieten keinen Schutz, denn dieser Automat ist für die Busse gedacht. Ob mit oder ohne Schein: Parken vor 20 Uhr ist verboten, auch wenn es bis dahin nur noch ein paar Minuten dauert.
Thomas Albrecht sieht diesem "seltsamen Geschehen", wie er es nennt, eine Weile zu. Er wird Zeuge heftiger Diskussionen zwischen Kontrolleuren und Betroffenen. Sie nutzen nichts. Nach der Veranstaltung in der Tufa setzt sich der Staatsanwalt zu Hause an seinen Rechner und nutzt, wie schon so oft, die Strukturen des Internet, um eine Debatte zu starten. Auf Facebook und auf seiner privaten Internetseite schildert er den Fall, dokumentiert ihn mit Fotos und kritisiert den Einsatz.
"Es wirkt unglaubhaft, wenn einerseits immer wieder auf das fehlende Personal der Parkraumkontrolle verwiesen wird, andererseits plötzlich ein ganzer Trupp zur Verfügung steht, um ahnungslose Tufa-Besucher zu disziplinieren." Solche Aktionen, betont Albrecht, empfindet der Bürger "meines Erachtens zu Recht als kleinlich, er fühlt sich gegängelt".
Legale Parkmöglichkeiten seien im Umfeld der Tufa schließlich sehr knapp. "Man vertreibt die Autofahrer vom Parkplatz an der Weberbach, wo sie wirklich niemanden stören, und provoziert damit, dass sich mancher anderswo viel verkehrsbehindernder hinstellt."
"Ich will in dieser Sache nicht missverstanden werden", sagt Albrecht im Gespräch mit dem TV. "Es ist nicht so, dass ich als Staatsanwalt öffentlich zum Falschparken auffordere. Mir geht es darum, dass das Ermessen der Ordnungskräfte sensibler ausgeübt wird und gezielt dort mehr kontrolliert wird, wo das Falschparken anderen wirklich schadet."
Der Staatsanwalt erreicht sein Ziel. Falschparken in Trier erregt seit Wochen viele Gemüter (der TV berichtete mehrmals), und viele nehmen gerne den Ball auf, den Albrecht ihnen zuspielt. Jutta Föhr (SPD), Ortsvorsteherin von Trier-Süd, stimmt Albrecht zu und fordert, das Parken an der Stadtbibliothek schon ab 18.30 Uhr zu ermöglichen, "von mir aus auch gegen Parkgebühr". Albrecht und Föhr erwägen einen gemeinsamen Antrag der CDU und SPD im Stadtrat.
Dezernent schaltet sich ein
Das findet Zustimmung im Rathaus. Ordnungsdezernent Thomas Egger schaltet sich ein. "Das ist doch mal ein konstruktiver Ansatz, den Sinn von Regelungen zu hinterfragen und die Regel gegebenenfalls zu ändern, anstatt darüber zu lamentieren, dass die Einhaltung von Regeln überwacht wird", schreibt er. Wer neben der Bibliothek parke, sollte "gerade als Trierer" wissen, welche Regeln dort gelten. "Ob sie sinnvoll sind oder nicht."
Albrecht widerspricht dem Dezernenten vehement. "Es bestand keine Notwendigkeit, die Ordnungswidrigkeit zu verfolgen - gerade eine Stunde, bevor man dort legal parken darf." Dieses Vorgehen der Behörde empfinde der Bürger als Schikane. "Ich kann das sehr gut verstehen, wenn man weiß, dass an anderer Stelle verkehrsbehindernd geparkt wurde und niemand dort eingeschritten ist." Die vom Stadtrat geforderte Schulung der Einsatzkräfte, so der Staatsanwalt, scheint dringend nötig.

Meinung: Definitiv der falsche Weg

Ordnungsdezernent Thomas Egger hat die Wahl, wo und wie er seine 23 Kontrolleure einsetzen will. Entweder gehen sie gezielt dorthin, wo sie wegen abgelaufener oder fehlender Parkscheine schnell und komplikationslos viele Knöllchen schreiben. Oder sie nehmen diejenigen ins Visier, die nicht nur falsch parken, sondern dabei auch den Verkehr behindern, Fuß- und Radwege zustellen und andere tatsächlich gefährden.
Die Suche nach Parkscheinüberziehern bringt schnellere und leichtere finanzielle Erfolge als der zurzeit oft geforderte, aber sehr mühsame Prozess, einen Gehwegparker abzuschleppen. Die Aktion an der Stadtbibliothek hat klar bewiesen, dass die Kontrolleure der Verkehrsgefährdung an diesem Abend keine Priorität eingeräumt haben, sondern gezielt dorthin gingen, wo aufgrund einer Veranstaltung viele Fahrer zu erwarten waren, die zwar abends unberechtigt auf einem Reisebusparkplatz standen, aber dabei niemanden behinderten. Das ist definitiv der falsche Weg. Wer den Verkehr gefährdet, muss das Hauptziel des Ordnungsamts sein.
j.pistorius@volksfreund.de

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