Chirurgen im Gewand

Genaue Zahlen liegen noch nicht vor. Doch es dürften mindestens 10 000 Besucher gewesen sein, die das Mittelalter-Spectacel "Orient trifft Okzident" besucht haben. Viele von ihnen kamen in mittelalterlicher Kleidung.

Bernkastel-Kues. "Wer möchte die Tiere streicheln oder füttern?" Vor allem Kinderhände recken sich bei der Frage von Falknerin Klaudia Brommund in die Höhe - es sind vor allem Kinder in mittelalterlichem Gewand, die dem Falken "Adonis", dem Habicht "Rasputin" und dem mächtigen Steppenadler "Kurgan" nahe kommen möchten. Die Tiere lassen sich streicheln und füttern. Leute, die sich mit dem Mittelalter beschäftigen, haben offenbar eine besondere Ausstrahlung. Das ist beim zweiten Mittelalter-Spectacel in Bernkastel-Kues überall zu spüren. Bei den so genannten Gewandeten herrschen Gelassenheit und Ruhe. Es kann durchaus passieren, dass der Nachbar, der Arbeitskollege oder ein Bekannter, den man sonst nur in Alltagskleidung kennt, einem plötzlich mittelalterlich gekleidet gegenüberstehen. Bei der zweitägigen Reise in die Geschichte passiert das häufig, weil viele diese Kleidung tragen. So überrascht es nicht, dass Klaus Milde, evangelischer Pfarrer von Bernkastel-Kues, als Bogenschütze daherkommt. Ulrike Hahn und Evelyn Münker (beide aus Enkirch) sind vor Ort, weil sie hobbymäßig dem orientalischen Tanz frönen. "Das Mittelalter ist etwas Außergewöhnliches", betonen beide. Auffällig: Es sind sehr viele gewandete Familien auf dem Gelände. Chirurg Manfred Bisson (Monzelfeld) ist mit Ehefrau und drei Töchtern unterwegs. Alle tragen selbst geschneiderte Gewänder und stellen eine Freibauernfamilie aus dem 13. Jahrhundert dar. "Die Beschäftigung mit der Geschichte ist wichtig", sagt Bisson. Karawanenüberfall mit Kamelen

Auch sein Arbeitskollege Marc Tilly aus Osburg (Kreis Trier-Saarburg) ist mit Ehefrau, Sohn und Tochter vor Ort. Er gehört zu den Kämpfern, die sich auf dem Gelände am Kueser Moselufer präsentieren. Sein Motto drückt ebenfalls Gelassenheit aus: "Leben und leben lassen." Die Ordensritter-Gruppe Lünen kommt aus dem Ruhrgebiet und hat ein militärisches Lager aufgeschlagen. "Die Atmosphäre ist sehr angenehm", lobt Kommandant Mirko Landmann. Seine Waffenträger spielen bei dem Karawanenüberfall mit. Sie kontrollieren eine Karawane, zu der auch Kamele gehören, auf Waffen. Daraus entwickeln sich eine Schlacht und Duelle.Am Lagerleben nehmen auch die Grundschulen Bernkastel-Kues und Wintrich sowie die Rosenbergschule Bernkastel-Kues teil. Die Kinder zeigen, was sie in Projekten gelernt haben."Dirk der Riemenschneider" ist zum ersten Mal dabei. Der Händler aus dem Münsterland bietet Lederwaren und Trinkhörner an. "Wenn alle Plätze so wären, wäre es schön", sagt der Vielgereiste, der von Ostern bis Oktober unterwegs ist. Und wem haben die Besucher, die Gaukler, Händler, Spielleute, Handwerker und Lagergruppen dieses Ambiente zu verdanken? Der Gruppe "conductio princastell". Es sind nur sieben, acht Leute, an der Spitze Florian Meurer, auf deren Schultern die Organisation lastet. "Die machen das toll", lobt Wolfgang Pastor, Erster Stadtbeigeordneter und Vorsitzender des Werbekreises. Meurer zeigt sich bereits am Abend des ersten Tages - trotz einiger Regenschauer - mit der Resonanz zufrieden. Er schätzt die Besucherzahl für diesen Tag auf etwa 4500. Am zweiten Tag bilden sich lange Schlagen vor den beiden Eingängen. Die anvisierte Besucherzahl von 10 000 dürfte bis zum Ausklang des Festes spielend erreicht worden sein.

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