Club der Einzelkämpfer

TRIER. (mc) Auf breite Resonanz ist eine Podiumsdiskussion mit regionalen Migrationsarbeits-Vertretern gestoßen. Sie war Teil eines Vortragsabends zum Thema "Brennende Autos in Frankreich – wie steht es um die kommunale Integration in Deutschland?" Schwerpunkt der Diskussion war die Situation in Trier.

Anfänglich ist der Saal fast menschenleer, fast wirkt es, als ob das Thema keinen interessiert. Doch dann füllt sich der Vortragsraum der Europäischen Kunstakademie in Trier-West sehr schnell, am Ende sitzen fast 100 Menschen im Saal - Deutsche und Ausländer. Zu dem Vortragsabend haben die Heinrich-Böll-Stiftung Rheinland-Pfalz, der Club Aktiv und das Multikulturelle Zentrum Trier eingeladen. Zwar ist der Anlass die Unruhe im Nachbarland, tatsächlich jedoch steht die Region im Vordergrund. "Zwei Drittel der befragten Jugendlichen aus Aussiedlerfamilien siedeln ihre Identität zwischen der Deutschen und der Russischen an", sagt Professor Waldemar Vogelgesang. Gast Memet Kilic, Vorsitzender des Bundesausländerbeirats, sagt, ohne Teilhabe könne die Integration nicht funktionieren. "Wie viele Migrantenkinder sind in der Verwaltung, in der Polizei oder an der Schule beschäftigt", fragt er. Nötig sei ein städtisches Integrationskonzept. "Ihr zukünftiger Oberbürgermeister muss das erklären", fordert Kilic. "Kein Stadtratsmitglied ist hier anwesend", bemängelt später einer der Zuhörer im Publikum. Dass es funktionierende Integrationsangebote in der Region gibt, zeigt die anschließende Podiumsdiskussion, moderiert von TV-Redakteurin Inge Kreutz. Soziologin Soraya Moket beschreibt das Multikulturelle Zentrum: "Dort arbeiten Migranten und Deutsche zusammen." Thomas Zuche vom Jugendmigrations-Dienst der Caritas erklärt, man habe im vergangenen Jahr 300 Migranten beraten. Für die Sprachförderung gebe es Landesmittel, erklärt Triers Jugendamtsleiter Achim Hettinger. Allerdings liege in Trier - anders als in vielen Großstädten - der Migrantenanteil an der Bevölkerung nur bei 8,8 Prozent. Ein zentrales Netzwerk aller Integrationsbemühungen gege es jedoch nicht, wie Zuche betont. "Wir sind Einzelkämpfer", meint auch Bernhard Jusuf Herzhoff, Vertreter der islamischen Gemeinde von Trier. Für ihn ist das Wissen um die eigene Religion Teil der Integrationsbemühungen. "Es gibt nur wenig Migranten an Realschulen und Gymnasien", sagt Zuche. Leute mit mangelnden Sprachkenntnissen hätten Probleme. Dass auch an der Mosel nicht alles rosig ist, machen etliche Zuhörer deutlich. In die Kritik gerät etwa der Ausländerbeirat der Stadt. "Eine politische Aktivität von ihm ist wohl nicht gewünscht", sagt eine junge Frau. Von einer "gefühlten Diskriminierung" bei der Berufssuche erzählt ein türkischstämmiger junger Mann und bittet: "Gebt uns Muslimen eine Chance!" Vorwürfe werden gegen Trierer Behörden erhoben, mitunter herrsche dort ein "unmenschlicher Ton" gegenüber Ausländern. Eine andere Zuhörerin sagt, "alle sprechen von Integration, aber bestimmte Menschen sind nicht damit gemeint". "Viele Projekte, wenig Qualität"

"Viele interkulturelle Projekte, aber wenig Qualität", meint Zuhörerin Aurita Jankauskaite-Lepage zur Arbeit in der Region. Die in Saarburg arbeitende Sozialpädagogin sagt, dass man etwa russischstämmige Jugendliche mit den Angeboten erreiche, deren Eltern aber ignoriere. Ob der Sohn etwas angestellt habe, würden die sich dann fragen, wenn einmal eine deutsche Behörde oder ein Verein Kontakt zu ihnen aufnähmen. Einen Unterschied zwischen Migranten und Deutschen will sie aber nicht machen. Ebenso wenig will das Podiumsteilnehmer Peter Riedel, Rektor der Trierer Kurfürst-Balduin-Hauptschule. Man habe zwar einen Anteil von zehn Prozent an Schülern mit Migrationshintergrund. "Wir wollen aber nicht Ausländer und Deutsche auseinander dividieren, sondern die Chancen für alle verbessern."

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