Comeback aus dem Oldie-Land

LUXEMBURG/TRIER. Einst war Radio Luxemburg ein Gigant der regionalen Radioszene. Später, als man sich RTL-Radio nannte und vom Kirchberg aus Oldies über den Äther schickte, geriet die Region völlig aus dem Blick. Nun entdeckt man sie wieder, und auch die Musikfarbe wird neu gemischt.

 "Hits mit Gefühl" und regionale Infos: So will RTL-Radio - hier Moderator Axel Barton - Hörer in Trier und Umgebung gewinnen.Foto: RTL

"Hits mit Gefühl" und regionale Infos: So will RTL-Radio - hier Moderator Axel Barton - Hörer in Trier und Umgebung gewinnen.Foto: RTL

12 Uhr mittags. Das war in der Region Trier in den 70er Jahren nicht nur eine Uhrzeit, es war das, was man heute ein "Top-Event" nennt. Jahraus, jahrein sendete Radio Luxemburg unter diesem Titel und zur entsprechenden Uhrzeit eine Live-Radiosendung, die täglich Tausende auf die Marktplätze zwischen Konz und Bernkastel-Kues, Hermeskeil und Wittlich lockte. Die Moderatoren des Senders waren Superstars: Edy Hildebrandt, der Bäckermeister aus Konz, Camillo Felgen, später Jochen Pützenbacher, Frank "Tim" Elstner, Helga Guitton. "Die großen Acht" am Samstagnachmittag waren Pflichtprogramm für jeden, der bei "moderner Musik" mitreden wollte. Der erste Knick kam, als der Südwestfunk plötzlich merkte, dass es Menschen gab, die etwas anderes hören wollten als Schlager oder Oper und Frank Laufenberg den Pop-Shop eröffnen durfte. Den zweiten Schlag gab es, als Radio Luxemburg als "RTL plus" ins Fernsehgeschäft einstieg. Beim Sendestart 1983, damals noch aus Luxemburg, blickten die Radiomacher mitleidig auf das schwächliche Bildschirm-Baby, das ihnen kurze Zeit später den Rang ablief und Radio-Moderatoren wie Geert Müller-Gerbes, Hans Meiser oder Björn Schimpf neue Karrierechancen eröffnete. Mit dem Aufkommen der deutschen Privatsender Ende der 80er Jahre ging es endgültig bergab. RTL-Radio, wie man nun hieß, verabschiedete sich endgültig aus der Region und ging bundesweit als Kabel- und Satellitenprogramm mit Oldies auf Zuhörerfang - der Erfolg war eher mäßig.Regionale Elemente wie Wetter und Verkehr

Seit Beginn des Jahres wandelt man nun wieder auf neuen Pfaden. Als Kuschelradio mit dem Slogan "Die besten Hits mit Gefühl" will man neues Publikum erschließen, und für die Hörer an Mosel und Saar bietet man erstmals seit langem wieder regionale Elemente wie Wetter, Verkehr und Veranstaltungstipps. Über regionale Nachrichten denke man noch nach, sagt Programmchef Holger Richter, aber die Regionalisierung sei nur "mit möglichst geringem Aufwand zu machen". Beim einstigen Radio-Riesen arbeitet man mit bescheidenen Mitteln. Im luxuriösen, stahlglänzenden und marmorgepflasterten Zentrum der RTL-Gruppe auf dem Luxemburger Kirchberg ist RTL-Radio ein kleines Rädchen mit einer Handvoll Büros im oberen Stockwerk. Richter ist Geschäftsführer, Programmdirektor, Chefredakteur und Musikchef des 13-Mann-Betriebes. Multifunktional müssen auch seine Mitarbeiter sein: Es sei normal, erzählt der Chef, dass der Moderator auch Werbe-Disposition macht oder der Internet-Webmaster moderiert. Sein Team besteht aus jungen Leuten, die oft ihre ersten Sporen im Radio verdienen. Viele kommen aus der Region, wie die Moderatorinnen Julia Siegel und Tanja Flesch, die in Trier wohnen. Der letzte Mohikaner aus Radio-Luxemburg-Zeiten geht gerade in Ruhestand: Achim Graul, inzwischen gestandene 62 Jahre alt. Auf das neue Musikprogramm ist Richter stolz, er glaubt, dass es den Zeitgeist trifft. Sanfte Titel, Hits natürlich, aktuell oder Oldies, aber mit Pep präsentiert: Im Kauderwelsch der Radiomacher nennt sich das "Oldie-based-soft-hot-AC-Format", und so was hat nach seiner Einschätzung "in ganz Deutschland sonst niemand." Dennoch verlässt er sich nicht auf die bundesweite Schiene allein. Die Region sei "strategisch sehr wichtig", Radio könne "im lokalen Bereich besser wirken." Mehr als die 20 000 Hörer pro Stunde, die das Saarland meldet, müssten schon drin sein - für die Region Trier fehlen aktuelle Zahlen. Dass die Luxemburger wie in alten Zeiten die Marktplätze für sich erobern könnten, hält Holger Richter freilich für unwahrscheinlich. Dafür fehle, sagt er skeptisch, "dann doch die Manpower". RTL-Radio ist regional empfangbar auf UKW 93,3 und 97,0.

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