Cool bleiben bei der Feuerprobe

TRIER-WEST. "Was wir hier lernen, kann man auch einsetzen, wenn man aus der Schule raus ist", sagt Christoph Hess (14). Er ist einer von 18 Schülern, die in einem Schulprojekt in 15 Trainingseinheiten zum Konflikthelfer ausgebildet werden. Später sollen er und seine Mitschüler auf dem Pausenhof der Kurfürst-Balduin-Hauptschule Konflikte bewältigen helfen.

Seit etwa zwei Jahren arbeitet die Kurfürst-Balduin-Hauptschule verstärkt mit anderen Bildungseinrichtungen im Trierer Westen zusammen. Grundschulen, Kindergärten und offene Jugendangebote aus Trier-West, Pallien und Euren kooperieren, um "gemeinsam am Aufbau von Sozialkompetenzen mitzuwirken und kontinuierlich und nachhaltig daran zu arbeiten", erklärt Schulleiter Peter Riedel. Eine Fachtagung zum Thema Gewaltprävention habe den Anstoß für die Arbeit gegeben. Mittlerweile nehmen Erzieher, Pädagogen und Lehrer auch an gemeinsamen Fortbildungen zum Thema "Grundlagen einer positiven Erziehung" teil, um im Umgang mit Kindern und Jugendlichen einer Linie treu zu bleiben. "Vom Kindergarten bis zum Schulabgang in Klasse neun werden die Schüler so nach gleichen Erziehungsgrundsätzen behandelt", sagt Riedel. Größter Konfliktherd: Schulpausen

Hervorgegangen ist ein Schulprojekt an der Kurfürst-Balduin-Hauptschule, das in die Förderung durch das Programm "Lokales Kapital für soziale Zwecke" aufgenommen worden ist. Außerdem soll es nach einer Probezeit zum schulinternen "Fahrplan Gewaltprävention" gehören, der verbindlicher Teil des Schulprogramms ist. Das Projekt ist mit Laufzeit bis einschließlich 31. Juni begrenzt. Dennoch wird für einen nachhaltigen Effekt gesorgt, weil nach dem Projekt-Debut in den nächsten Schuljahren aus den nachfolgenden siebten Klassen weitere Schüler zu Konflikthelfern ausgebildet werden. Größter Konfliktherd im Schulalltag seien die Pausen, sagt Riedel. Um Streit im Vorfeld zu begegnen, nehmen 18 Schüler der siebten und achten Klasse seit Februar an einem Training teil, das sie lehrt, einen kühlen Kopf zu bewahren und Selbstbewusstsein zu entwickeln. In einem sportpraktischen Teil üben sie mit Stefan Krebs und seinen Mitarbeitern der Kampfsportschule "iemas", wie sie ein gesundes Körpergefühl bekommen, um sich später einmischen zu können. Defensiv soll ihr Verhalten in Konfliktsituationen sein, um den Streit nicht weiter eskalieren zu lassen. "Wir wollen keine Polizeitruppe oder Hilfssheriffs ausbilden", betont Schulleiter Riedel. Das Erkennen von Konflikten und das eigene Verhalten werden deshalb in Rollenspielen einstudiert, medizinische Ersthelfer-Schulung und Kommunikationstraining sind ebenso Teil der Ausbildung. Nachdem die Schüler anfängliche Skepsis und Zurückhaltung im direkten körperlichen Kontakt überwunden haben, sei ein klarer Kompetenzgewinn zu verzeichnen, sagt Riedel. "Mittlerweile trainiert jeder mit jedem. Sie können anders mit ihrem Körper umgehen, haben eine selbstbewusstere, offene Körperhaltung und reden offener über das Thema Gewalt", bestätigt auch Trainer Stefan Krebs. Lernen wie man anderen helfen kann

Zwar zeigen noch einige Jugendliche Unsicherheit. "Man lernt viel. Aber wenn es ernst wird, ist es stressiger als beim Training. Und dann kann man schwieriger arbeiten und ist nervös", sagt Patricia Grässer (14). Die Feuerprobe, den ersten echten Fall auf dem eigenen Schulhof, haben sie noch nicht bestanden. Dort sei es jedoch in der Zwischenzeit ruhiger geworden, sagt Christoph Hess. "Aber es ist gut, dass so was angeboten wird, weil ich so lerne, wie ich anderen Menschen helfen kann."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort