Gesundheit Trierer Covid-Befragung: Haben wirklich 50 Prozent der Covid-Patienten Langzeitfolgen?

Trier/Konz/Saarburg · Laut Trierer Wissenschaftlern klagen nach einer Zufallsbefragung von 1500 Befragten rund 50 Prozent über bleibende Folgen einer Corona-Infektion. Das ist nicht die einzige Erkenntnis einer Corona-Studie des Trierer Gesundheitsamts und der Uni Trier.

 Ein Long-Covid-Patient macht ein Atemtraining in einem Gymnastikraum der Klinik Teutoburger Wald, eine Reha-Klinik für Post-Covid Erkrankte. Foto: dpa, Januar 2022.

Ein Long-Covid-Patient macht ein Atemtraining in einem Gymnastikraum der Klinik Teutoburger Wald, eine Reha-Klinik für Post-Covid Erkrankte. Foto: dpa, Januar 2022.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Das Gesundheitsamt Trier/Trier-Saarburg hat am Dienstag die Ergebnisse einer lang angelegten Studie zu den Langzeitfolgen von Covid-19 vorgestellt, die es in sich haben: „Knapp die Hälfte der 2020/2021 an Covid-19 erkrankten Personen aus der Region Trier berichtet von Spät- oder Langzeitfolgen ihrer Erkrankung“, heißt es in der Pressemitteilung zum Abschlussbericht. Die Aussage basiert auf einer Befragung von 1500 Corona-Infizierten, die der Fachbereich Soziologie der Universität Trier zusammen mit dem Gesundheitsamt vorgenommen hat. Die Studie liefert nicht nur Erkenntnisse über Langzeitfolgen, sondern auch zu akutem Krankheitsverlauf, medizinischer Behandlung, Auswirkungen von Quarantänemaßnahmen und Infektionsquellen.

Was kam bei der Corona-Studie heraus?

So fasst das Gesundheitsamt Trier-Saarburg/Trier die Studie zusammen:

87 Prozent der Befragten gaben an, Krankheitssymptome gehabt zu haben. In der Akutphase einer Coronainfektion (Akut-Covid) dominierten Kurzatmigkeit und deutlich verminderte Leistungsfähigkeit. Nur sehr selten traten dagegen eine Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung auf. Von den Menschen mit Symptomen sind 27,2 Prozent medizinisch behandelt worden, zumeist ältere Personen. Davon die meisten nur ambulant und nur eine Minderheit auch stationär.

Erwachsene und Menschen mit Vorerkrankungen waren häufiger von Spät- oder Langzeitfolgen betroffen. Rund 58 Prozent hatten Akut-Covid, 22 Prozent litten unter Long-Covid und 21 Prozent unter Post-Covid (siehe Info). Die Ergebnisse widersprechen bisherigen Annahmen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Diese ging auf einer Studie vom 12. Juli 2021 aufbauend davon aus, dass bis zu 15 Prozent der ehemals Covid-Erkrankten an Post Covid leiden. Andere Studien nennen 10 Prozent als Richtwert. Angesichts dessen wirken die 43 Prozent aus der Trierer Studie sehr hoch. Professor Rüdiger Jacob erklärt das mit der Methode. An der Befragung hätten beispielsweise mehr Menschen mit Symptomen teilgenommen. Somit würden eher schwere und mittelschwere Verläufe erfasst. Insofern seien die Zahlen an dieser Stelle verzerrt.

 Ein Patient sitzt in einer Klinik, in der Long-Covid-Patienten behandelt werden, zur Überprüfung seiner Lungenfunktion in einem Bodyplethysmographen. Foto: dpa-Archivbild 2021

Ein Patient sitzt in einer Klinik, in der Long-Covid-Patienten behandelt werden, zur Überprüfung seiner Lungenfunktion in einem Bodyplethysmographen. Foto: dpa-Archivbild 2021

Foto: dpa/Sina Schuldt
 Gesundheitsamtsleiter Harald  Michels, Landrat Stefan Metzdorf und Professor Rüdiger Jacob bei der Präsentation der Studie.

Gesundheitsamtsleiter Harald Michels, Landrat Stefan Metzdorf und Professor Rüdiger Jacob bei der Präsentation der Studie.

Foto: Kreis Trier-Saarburg

Knapp die Hälfte der befragten Personen (49,7 Prozent) berichtet von Spät- oder Langzeitfolgen. Am häufigsten wurden dabei Müdigkeit und Erschöpfung genannt – Symptome, die auch die Akutphase einer Corona-Infektion dominiert haben. Diese gehen häufig einher mit Kurzatmigkeit und deutlich verminderter Leistungsfähigkeit.

Zahlen zu Long Covid bei Minderjährigen

Auffällig: Minderjährige waren kaum von Long Covid (sechs Prozent) und so gut wie gar nicht von Post-Covid (0,7 Prozent) betroffen. Die Zahlen zu Langzeitfolgen bei Kindern sind in der Trierer Studie im Vergleich zu anderen eher klein. Bisherige Erkenntnisse, zum Beispiel einer Untersuchung in Großbritannien, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde, besagen, dass etwa zehn Prozent der erkrankten Minderjährigen an Langzeitfolgen leiden.

Eine weitere überraschende Erkenntnis: 87 Prozent der Befragten, hatten Symptome. Von diesen sind aber nur 27 Prozent medizinisch behandelt worden. „Patienten mit Long- oder Post-Covid haben deutlich häufiger medizinische Hilfe in Anspruch genommen als solche mit Akut-Covid“, heißt es weiter.

Im untersuchten Zeitraum betrug die Sterberate 1,7 Prozent. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag bei 81,7 Jahre. Derzeit liegt die Letalitätsrate laut Gesundheitsamtsleiter Harald Michels bei 0,1 Prozent. Insgesamt sind im Landkreis Trier-Saarburg und in der Stadt Trier bis heute 197 Personen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung verstorben.

Die Studie liefert auch Erkenntnisse dazu, wo es im Untersuchungszeitraum am häufigsten zu den Infektionen gekommen ist. Die meisten Personen (rund 80 Prozent) hatten sich in ihrem persönlichen Umfeld infiziert. Gastronomie oder Einzelhandel stellen nach den vorliegenden Daten keine Infektionstreiber dar. Nur eine kleine Minderheit der Befragten – vor allem Jüngere – (16 Prozent) hatte Probleme bei der Umsetzung und Bewältigung von Quarantäne und Isolation.

Wie wurde die Corona-Studie in der Region Trier durchgeführt?

Zur Methode erklären die Forscher, dass sie für die Studie 3500 Fragebögen an Menschen aus Trier und dem Kreis Trier-Saarburg versandt haben. Alle Befragten sind zwischen März 2020 und Mai 2021 positiv getestet worden – zu einem Zeitpunkt, als es flächendeckend noch keine Impfungen gab. Insgesamt sind dem Gesundheitsamt im Untersuchungszeitraum 7112 Coronafälle gemeldet worden. Fast die Hälfte aller Infizierten wurde also für die Studie angeschrieben. 1503 Menschen (44,9 Prozent) haben die Fragebögen beantwortet.

Die Studie bezieht sich in erster Linie auf die Wild-Variante und die Alpha-Variante des Virus, die während des Untersuchungszeitraums kursierten. Die Forscher betonen deshalb: „Inwieweit die Ergebnisse auf die heute verbreiteten Virus-Varianten übertragbar sind, müssen weitere Studien zeigen.“

Laut bisherigen Untersuchungen sind unspezifische Beschwerden wie ständige Erschöpfung (Fatigue), Kurzatmigkeit und Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen („Gehirnnebel“), Husten, Brustschmerz, Muskelschmerzen, psychische Störungen wie Depressionen oder Angststörungen, Riech- und Schmeckstörungen, Schlafstörungen, Sprachstörungen und Fieber Symptome für Langzeitfolgen einer Infektion. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat auch bei leichten Krankheitsverläufen Organschäden ausgemacht.

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