Cyber-Nachlass: „Saubere gesetzliche Regeln gibt es nicht“

Trier · Facebook, StudiVZ und Co. gehen unterschiedlich mit dem Thema Tod um. Angehörige müssten sich meist auf das einlassen, was die Betreiber verlangen, sagt der rheinland-pfälzische Landesdatenschutzbeauftragte Edgar Wagner.

Datenschützer Edgar Wagner empfiehlt Internetnutzern, selbst vorzusorgen. Marina Anna Henn und Kim-Björn Becker haben mit ihm über den Umgang mit Profilen von Gestorbenen gesprochen.

Angenommen, ein im Internet aktiver Mensch stirbt. Sollten Angehörige dann die gängigen Netzwerke überprüfen, ob der Gestorbene dort registriert war?

Edgar Wagner: Ja, denn die Eltern von gestorbenen Jugendlichen wissen ja oft gar nicht, wo ihre Kinder überall angemeldet waren. Sie müssen sich also auf die Suche machen. Dazu kommt, dass nicht jeder mit seinem echten Namen angemeldet ist. Pseudonyme machen die Suche nicht eben leichter. Eine gute Lösung wäre eine Vorsorgevollmacht, die junge Internetnutzer abschließen. Die Vollmacht regelt, was nach dem Tod mit den Daten passieren soll.

Sie meinen ein spezielles Testament für das virtuelle Leben?

Wagner: Ja. Darin kann man bestimmen, was mit den Daten in sozialen Netzwerken geschehen soll. Es sollte dann aufgelistet werden, in welchen Netzwerken man angemeldet ist. Man kann auch bestimmen, dass beispielsweise eine bestimmte Person Zugriff auf die E-Mails oder andere persönliche Daten erhält. So etwas kann bei einem Notar hinterlegt werden. Es ist natürlich schwierig, gerade die jungen Nutzer davon zu überzeugen, dass so etwas einmal wichtig werden kann. Es ist aber die einzige Möglichkeit, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Saubere gesetzliche Regeln gibt es nicht.

Hat ein Verstorbener kein Anrecht darauf, dass seine Daten im Internet geschützt werden?

Wagner: Die Datenschutzgesetze gelten nur für lebende Personen. In dem Augenblick, in dem jemand stirbt, gilt das Gesetz nicht mehr. Wir haben also keine gesetzlichen Bestimmungen - mit einer Ausnahme: Im Land Berlin wurde festgelegt, dass das Datenschutzgesetz auch über den Tod hinausreicht.

Viele soziale Netzwerke verlangen Nachweise, wenn Angehörige ein Profil löschen lassen wollen. Warum so kompliziert?

Wagner: Es gibt unterschiedliche Verfahren der einzelnen Netzwerke. Manchmal kann eine Kopie einer Todesanzeige ausreichend sein. Ich halte es für einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht, wenn ein Netzwerk die Kopie des Erbscheins verlangt. Das geht zu weit. Es reicht aus, wenn sichergestellt ist, dass jemand tot ist. Das geht mit einer Sterbeurkunde auch.

Könnte ein automatisches Ablaufdatum für Daten eine praktikable Lösung sein?

Wagner: Theoretisch ja. Das Problem ist die technische Umsetzung. Ein Instrument wie ein digitaler Radiergummi ist sehr wünschenswert. Wir haben aber noch keine Möglichkeit, das konkret umzusetzen und sind auf die Wirtschaft und die Wissenschaft angewiesen.

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