Damit Karl Marx in Trier lebendig bleibt

Trier · Im Geburtshaus von Karl Marx ist eine Bronze-Büste des Philosophen und Begründers des Sozialismus enthüllt worden. Marx Urenkel, der Bildhauer Karl-Jean Longuet, hat sie in den 1950er Jahren geschaffen.

 Anne (links) und Frédérique Longuet-Marx präsentieren die von ihrem Vater Karl-Jean Longuet geschaffene Karl-Marx-Büste. TV-Foto: Martin Recktenwald

Anne (links) und Frédérique Longuet-Marx präsentieren die von ihrem Vater Karl-Jean Longuet geschaffene Karl-Marx-Büste. TV-Foto: Martin Recktenwald

Foto: Martin Recktenwald (ten) ("TV-Upload Recktenwald"

Trotz der konfliktreichen und blutigen Vergangenheit lohne heute der Blick auf Karl Marx, sagte Kurt Beck, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, bei der Feierstunde. In der Rede von Papst Franziskus anlässlich der Verleihung des Karlspreises sei die Frage nach der Fairness in der Wirtschaft wieder aufgetaucht. "Es wird Zeit, Marx in ein faires und objektives Licht zu rücken", rief der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident auf.

Die Enthüllung der Büste markiere hierfür einen Startpunkt: Mit Blick auf den in zwei Jahren bevorstehenden 200. Marx-Geburtstag soll eine intensive Auseinandersetzung mit dem Philosophen und seinen Ideen angeregt werden. Das Land Rheinland-Pfalz, die Stadt Trier, das Bistum Trier und die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung haben dazu eine Kooperation vereinbart. "Wir möchten Impulse in Politik, Wissenschaft und Kunst geben", kündigte Beck an.

Leicht falle ein objektiver Umgang mit Marx nach wie vor nicht, betonten mehrere Festredner. Zu schwer wiege das menschenverachtende Handeln von Regimen, die seine Ideen pervertiert hätten. "Das Verhältnis von Karl Marx und der SPD war befruchtend, aber nicht spannungsfrei. Dennoch hat er viele Grundgedanken der Sozialdemokratie vorgedacht und niedergelegt", brachte die SPD-Generalsekretärin Katarina Barley aus Sicht ihrer Partei ein. Auch für seine Geburtsstadt stellte Oberbürgermeister Wolfram Leibe fest: "Trier hat Marx nicht immer geliebt." In jüngerer Zeit wachse jedoch das Interesse an seiner Person wieder. Viele forschten beispielweise nach, ob sie nicht mit dem Denker verwandt seien.

Anne und Frédérique Longuet-Marx können dies für sich in Anspruch nehmen. Die beiden sind Töchter Karl-Jean Longuets, der wiederum ein Urenkel von Karl Marx war. "Nach drei Generationen, die sich über Reden und politische Ämter engagierten, wählte unser Vater den Weg der Kunst", erzählte Anne Longuet-Marx. Der berühmte Vorfahre habe ihn mehrfach in seinen Arbeiten beschäftigt.
Bereits 1930 entstand eine erste Büste. Sie war für das damals geplante Museum im Trierer Geburtshaus bestimmt, erreichte diesen Bestimmungsort aber nie und ging im Zweiten Weltkrieg verschollen. Stattdessen ziert nun die 1950 entstandene Fassung das Karl-Marx-Haus. Dieser Bronzeguss zeigt den Philosophen in deutlich abstrahierten Zügen.
Paradoxerweise lässt gerade dies die Büste vergleichsweise natürlich erscheinen. "Sie ist nicht geprägt von Heiligenverehrung, wie sonst vielfach üblich", erklärte die Tochter des Künstlers und verwies auf die Statue über dem Marx-Grab als abschreckendes Gegenbeispiel. ten

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