Darmkeim Ehec: Gemüsehändler spüren erste Auswirkungen

Trier · Gemüsehändler und Märkte in der Region spüren erste Auswirkungen angesichts der Ehec-Infektionen. Auch das Schulobst-Programm ist betroffen. Das Umweltministerium hat Lieferanten angewiesen, auf Obst und Gemüse aus Spanien zu verzichten.

Großhändler bitten ihre Käufer darum, Gemüse aus dem Verkauf zu nehmen. Märkte markieren ihre Obst- und Gemüsewaren mit Zetteln, auf denen das Herkunftsland steht: Die Angst um den Ehec-Erreger ist bei den Verbrauchern angekommen. "Ich habe gerade ein Fax bekommen, dass wir die Schlangengurken sperren müssen", sagt Eugenie Brandsma.

Die Bäuerin verkauft in ihrem Hofladen in Breit (Kreis Bernkastel-Wittlich) selbst produzierten Käse sowie Brot, Gemüse und Obst, das sie von Großhändlern hinzukauft. Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen kann sie aber noch nichts sagen, denn ihr Laden ist immer nur donnerstags, freitags und samstags geöffnet. Deshalb hatte sie seit der Ausbreitung des Darmkeims noch kaum Kundenkontakt.

Gurken zurück an den Großhandel

Die Gurken aus Spanien werde sie aber wieder an den Großhandel zurückgeben. "Ich denke schon, dass sie mir erstattet werden", sagt die Bäuerin."Wir sind bis dato nicht betroffen, da wir keine Ware aus Norddeutschland bekommen", sagt hingegen Patrick Kotz, Leiter des Ein- und Verkaufs beim Gemüsehandel Kotz in Bitburg.

Und spanische Gurken verkaufe er seit etwa zwei bis drei Wochen nicht mehr. "Wir haben bei unseren Erzeugern natürlich nachgeforscht, wo die Ware herkommt." Denn als Händler mache man sich schon Gedanken wegen des Erregers. Er merke auch, dass die Kauflust darunter leide.

Kunden werden nervös

Denn die Vebraucher greifen weniger nach Salat, Gurken und Tomaten. "Die Kunden fragen nach, werden nervös, weil keiner etwas Genaues weiß", fügt er hinzu. Diese Erfahrung hat auch eine Verkäuferin in einem Biomarkt gemacht. Einige Kunden würden erst zu Obst und Gemüse greifen, wenn sie genau wüssten, wo die Ware herkomme.

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau warnt derweil davor, zu schnell die Ursache für die Verbreitung bei den produzierenden Betrieben zu suchen. "Erst einmal muss die Ursache gefunden werden", sagt Geschäftsführer Gerhard Brenner. Bisher sei auch der Bauern- und Winzerverband beruhigt, dass kein Lieferant aus der Region von dem Erreger betroffen sei.

Konsequenzen für das Schulobst-Programm

"Wir bleiben aber sehr hellhörig und verfolgen das Ganze natürlich."Auch das rheinland-pfälzische Umweltministerium hat die Nachrichten rund um den Ehec-Erreger verfolgt und Konsequenzen für das Schulobst-Programm gezogen.

"Wir haben unsere Lieferanten angewiesen, kein Obst und Gemüse aus Spanien dazuzutun", sagt Sprecherin Stefanie Mittenzwei. Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken empfiehlt, das Obst und Gemüse vor dem Verzehr noch einmal zu waschen. Verbrauchern rät sie, nur regionale Produkte einzukaufen.
Meinung

Umgeben von Keimen


Da ist sie wieder, die "German Angst", die besondere Neigung der Deutschen zu unbegründeter Panik und Hysterie. Da wird schnell aus einer Grippe eine Horror-Grippe. Aus einem seit langem bekannten Keim ein Todes-Keim. Jeder neue Fall wird zur Schlagzeile. Keine Frage: Die Häufung von schweren Ehec-Fällen in den vergangenen Tagen ist ernst zu nehmen. Jeder dadurch eingetretene Todesfall ist tragisch. Der Erreger ist gefährlich, er kann - wohlgemerkt: kann - lebensgefährlich werden.

Das ist noch lange kein Grund, ganz Deutschland unter Quarantäne zu stellen, nur noch Obst und Gemüse aus der Dose zu essen und frische Lebensmittel zu verbannen. Es erscheint banal, dass als Vorsorge gegen den Darmkeim gründliches Händewaschen und das Putzen von rohem Gemüse empfohlen wird.

Das, was übrigens jeder Spanienurlauber seit Jahren beherzigt, um sich vor "Montezumas Rache" zu schützen, sollte eigentlich auch ohne Ehec selbstverständlich sein. Was aber leider nicht so ist, wie sich nicht zuletzt ausgerechnet in Kliniken zeigt, wo die Keime zumeist durch die schmutzigen Hände des Personals verbreitet werden. Jährlich sterben Tausende an Keimen, die sich in Krankenhäusern (!) eingefangen haben.

Wir sind umgeben von Keimen. Jeder Griff an die Türklinke oder jeder Gang zur Toilette ist ein Risiko. Es besteht die Gefahr, sich mit Bakterien zu infizieren und womöglich krank zu werden. Es stimmt: Der Ehec-Erreger ist aggressiver und resistenter gegen Medikamente geworden.

So, wie viele andere Keime auch. Das ist der Preis, den wir für eine Medizin bezahlen müssen, die darauf ausgelegt ist, Krankheiten nicht dauerhaft zu heilen, sondern die Kranken so schnell wie möglich wieder fit zu machen. Eine Medizin, in der trotz aller Warnungen Antibiotika in Mengen verordnet werden, als wären diese harmlose, alles heilende Pülverchen. In Wirklichkeit sorgen genau diese Arzneimittel dafür, dass die Keime, die sie bekämpfen sollen, durch eine Übermenge davon resistent werden, sich zu gefährlichen Varianten verändern und sich mehr oder weniger ungehindert verbreiten können. Ehec zeigt, dass es trotz aller medizinischen Fortschritte immer wieder Keime und Viren geben wird, die zunächst nur schwer zu beherrschen sind und Mediziner vor Herausforderungen stellen.

Aber so, wie heute keiner mehr von der Schweinegrippe spricht und sich der Eierkonsum nach dem Dioxinskandal Anfang des Jahres wieder normalisiert hat, wird Ehec in ein paar Wochen vermutlich aus den Schlagzeilen verschwunden sein, und spanische Salatgurken werden wieder verkauft. Bernd Wientjes
b.wientjes@volksfreund.de

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