Das Abo für den Bauernhof

Trier · Gemeinsame Kosten, gemeinsame Ernte: Auf dem Regionalen Klimagipfel wirbt die Lokale Agenda 21 für die solidarische Landwirtschaft. Doch der größte Schritt steht noch aus.

Trier Von "SoLaWi" hatte Walter Clüsserath noch nie gehört. "Das klang für mich nach irgendeinem ideologischen Konzept." Doch der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbands Trier-Saarburg wollte sich selbst ein Bild machen - und folgte der Einladung zum Regionalen Klimagipfel in die Volkshochschule. Dort diskutierten knapp 30 Teilnehmer über Chancen und Herausforderungen der solidarischen Landwirtschaft, kurz SoLaWi. Eine alternative Form der Landwirtschaft, bei der die Kosten und die Ernte eines Bauernhofs unter einer Gruppe von Verbrauchern aufgeteilt wird.
"Für die Bauern würde das eine große Entlastung bedeuten", sagt Sophie Lungershausen vom Verein Lokale Agenda 21, der den Klimagipfel zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung und Transition Trier organisiert hat. Seit 2001 wird die Veranstaltung regelmäßig mit einem Schwerpunktthema in Trier ausgerichtet.
"Landwirte hätten so auf lange Zeit eine Garantie, dass ihre Produkte letztendlich auch verkauft werden", so Geschäftsführerin Lungershausen weiter. Dem stimmt auch Clüsserath, selbst Winzer in Pölich, zu: "Gegen dieses Modell ist nichts einzuwenden. Wenn sich Leute finden, die dafür bezahlen, ist das eine gute Sache."
Bei der SoLaWi zahlen die Kunden bereits Monate im Voraus für Obst, Salat oder Gemüse. Dafür dürfen sie mitbestimmen, welche Produkte der Landwirt wie anbaut - tragen dann aber auch das Risiko mit, dass die Ernte wegen Frosts oder starken Regens schlecht ausfallen kann. "Auch das ist Solidarität", sagt Lungershausen.
In der Region gibt es bisher noch keinen Betrieb, der solidarisch anbaut. In Deutschland sind es bereits mehr als 150 Höfe. Transition Trier bewirtschaftet in Euren derzeit einen SoLaWi-Acker und hofft nun auf Nachahmer.
"Wir glauben, dass die Veränderung aus der Bevölkerung kommen muss", sagt Lungershausen. Deshalb habe man in diesem Jahr entschieden, einen Workshop in den Mittelpunkt des Gipfels zu stellen. Die Menschen sollen am Aufbau eines solchen Projekts direkt beteiligt werden. Mit den Ergebnissen will der Verein in den kommenden Monaten "konkrete Handlungsoptionen" erarbeiten, sagt Lungershausen.
Zwei Gruppen entwickeln im Workshop Ideen, wie SoLaWi in Trier entstehen und welche Vorteile die Region daraus ziehen kann. Die Teilnehmer sind sich einig, dass SoLaWi auch faire Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sichern wird.
Sebastian Müller reizt besonders, dass das Modell so flexibel ist und die Kunden die Produkte bekommen, die sie wollen. Der Student hatte über einen Newsletter von dem Klimagipfel erfahren. "Wer nicht so viel Geld hat, beteiligt sich einfach mit einem kleineren Anteil oder hilft mal eine Stunde auf dem Hof mit", sagt er. "Einen SoLaWi-Betrieb in der Region würde ich auf jeden Fall unterstützen."
Eine der Gruppen wird von Rebekka Chong betreut. Sie hat mit dem Wahlbacherhof in der Nähe von Zweibrücken erfolgreich einen SoLaWi-Betrieb mitaufgebaut, von dem heute mehr als 300 Kunden versorgt werden. "Die Resonanz bei uns ist super, als hätte die Region nur auf ein solches Modell gewartet", sagt sie.
Clüsserath glaubt indes, dass viele Bauern ein solches Projekt gerne starten würden. "Jemand muss aber genügend Leute zusammenbringen, die das von Anfang an finanzieren", sagt er. "Dem Bauer ist es nicht so wichtig, ob er Chicorée oder Kopfsalat pflanzt, solange seine Existenz gesichert ist."

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