Das Gedächtnis funktioniert wieder

TRIER. Sechs Jahre lang war die Stadtbibliothek in der Weberbach eine Baustelle. Den vorläufigen Abschluss der Generalsanierung feierten mehr als 100 geladene Gäste am Dienstagabend mit der Wiedereröffnung des Lesesaals.

Zwischen "gut gemeint" und "gut gemacht" klaffen mitunter gewaltige Lücken. So bei der Stadtbibliothek. Deren 1957 eingeweihter siebenstöckiger Neubau nach den Plänen von Alfons Leitl kostete rund 1,2 Millionen Mark. Eine preiswerte Angelegenheit. Doch die gut gemeinte Sparsamkeit und mangelnde Isolierung rächten sich. Der Gipfel einer Reihe von Maläsen, die mit dem reparaturanfälligen Flachdach begann: Im heißen Sommer 1995 griffen Pilze wertvolle Handschriften, Drucke und Archivalien an. Nun musste die Stadt handeln, um ihr "Gedächtnis", wie die Bibliothek gerne genannt wird, zu retten. Die vom Hochbauamt konzipierte Sanierung in drei Abschnitten startete im September 1998. In Phase Nummer eins erhielt das unter Denkmalschutz stehende Gebäude das markante und begehbare Schmetterlingsdach samt darunter liegender neuer Haustechnik. Ebenfalls zum ersten Bauabschnitt gehörte die Sanierung von Fassade und Magazinen.Vernetzbare Computermöbel

In Abschnitt zwei stand die Rund-Erneuerung des 1960 errichteteten Lesesaal-Trakts auf dem Programm. Der zweistöckige Anbau am Palastgarten präsentiert sich nun endlich mit zeitgemäßer Ausstattung und Nutzer-freundlich. Vernetzbare Computermöbel mit Anschlüssen für private Note-Books haben die alten Lesetische abgelöst. Zur Möblierung gehört ebenfalls eine neue Bestuhlung. Dank Sonnenschutz und Klimaanlage gehören starker Lichteinfall und Raumtemperaturen von über 30 Grad der Vergangenheit an. Triers "Gedächtnis", dessen älteste Archivalien aus der Karolingerzeit stammen, funktioniert wieder - auch dank gut dosierter Luftzufuhr. Rund 3,3 Millionen Euro kostete die Generalsanierung - fast das Fünffache dessen, was einst für die Errichtung von Stadtbibliothek und Lesesaal-Anbau ausgegeben wurde. Die Festredner der Wiedereröffnung des Lesesaals sprachen unisono von einer wichtigen und gerechtfertigten Investition. Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink und Bibliotheks-Chef Gunther Franz bezogen in ihren Dank die Kolleginnen und Kollegen von der Weberbach mit ein, die in den vergangenen Jahren unter erschwerten Bedingungen gearbeitet hätten. Josef-Peter Mertes sprach in Doppelfunktion: Als ADD-Chef würdigte er die Bemühungen des Landes, trotz angespannter Finanzlage dem kulturellen Erbe zu seinem Recht zu verhelfen. Als Vorsitzender der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek warb er für die Mitgliedschaft im Unterstützer-Verein und kramte in der eigenen kommunalpolitischen Erinnerung. In den frühen 60-er Jahren, als der Trierer Stadtrat seine Sitzungen im Lesesaal abhielt, wurde Mertes als jugendlicher Besucher Zeuge einer denkwürdigen Sitzung. Bürgermeister Hans König habe damals einem verhaltensauffälligen Ratsmitglied die "rote Karte" gezeigt. Die Frage nach dem ausstehenden dritten Sanierungsabschnitt, der dem Katalogsaal und den Verwaltugsräumen gilt, beantwortete OB Helmut Schröer. Jetzt habe erst einmal das städtische Museum Simeonstift, das 2007 einen Teil der Konstantin-Landesausstellung beherbergt, Priorität. "Anschließend können Bibliothek und Archiv an der Weberbach zum Abschluss gebracht werden."

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