Das größte Projekt der Landespolitik: Mehr Geld für klamme Kommunen

Mainz/Trier · Mehr Einnahmen für Städte und Gemeinden und damit wieder mehr kommunale Selbstverwaltung: Darum geht es bei der wichtigsten Reform des Jahres in der Landespolitik. Rot-Grün ringt mit der CDU noch um Details.

Die Stadt Trier kalkuliert in diesem Jahr mit einem Defizit von 48 Millionen Euro. Der Kreis Trier-Saarburg rechnet mit 8,5 Millionen Euro Minus, beim Kreis Bernkastel-Wittlich sind es sieben Millionen, beim Vulkaneifelkreis sechs Millionen und beim Eifelkreis Bitburg-Prüm 4,8 Millionen.

Während Otto Normalbürger den Weg in die Privatinsolvenz antreten müsste, wenn er dauerhaft mehr ausgibt als er einnimmt, ist das bei Kommunen anders. Sie türmen immer höhere Schuldenberge auf und zahlen immer mehr Zinsen dafür.

Dieser Teufelskreis soll ab 2014 durchbrochen werden. Selbst helfen können sich die Kommunen kaum, obwohl sie schon kräftig den Rotstift ansetzen. Insbesondere Städte und Landkreise müssen Pflichtaufgaben erfüllen, die ihnen durch Gesetze aufgebürdet wurden: Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe, die Grundsicherung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts oder die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.

Das Land will nun den kommunalen Finanzausgleich reformieren. "Trotz Schuldenbremse wollen wir das ehrgeizige Ziel erreichen, ab 2014 der kommunalen Familie einen positiven Finanzierungssaldo zu ermöglichen. Wenn jetzt nicht alle Städte und Kreise überreagieren und alte Wunschlisten schlagartig abarbeiten, können wir schon 2014 den Weg aus dem Keller weisen", sagt Finanzminister Carsten Kühl (SPD).

Seit Monaten wälzt eine Enquetekommission des Landtags unter Vorsitz des Konzers Bernhard Henter (CDU) Unterlagen und Zahlen, hat außerdem mehrere Gutachter gehört. Am Donnerstag sollen Eckpunkte beschlossen werden, an denen sich dann die Landesregierung orientieren muss. Rot-Grün plant etwa folgendes:

Grundstrukturen: Sie bleiben unangetastet. Damit bleibt zum Beispiel das Prinzip erhalten, wonach jeder Einwohner gleich gewichtet wird, ob er in der Stadt wohnt oder auf dem Land. Auch das System der Schlüsselzuweisungen bleibt im Wesentlichen bestehen.

Entlastung von Städten und Landkreisen: Es soll eine zusätzliche, finanzkraftunabhängige Schlüsselzuweisung für Sozialleistungen geschaffen werden. Dafür soll ein fester Betrag vorgesehen und nach Maßgabe der von den Kommunen zu tragenden tatsächlichen Sozial- und Jugendhilfeausgaben verteilt werden.

Schülerbeförderung: Dafür soll es mehr Geld geben. Allerdings sollen die Zuweisungen nicht zum Ausgleich der Ist-Kosten dienen, die jede Kommune selbst mit Transportunternehmen verhandelt, sondern es sollen Indikatoren festgelegt werden, die für alle gelten.

Demographischer Wandel: Seine Gestaltung soll gezielt durch Zweckzuweisungen gefördert werden.

Standards: Sie sollen gesenkt und dadurch Einsparungen ermöglicht werden. Der Austausch zwischen Land und Kommunen oder dessen Spitzenverbänden soll intensiviert und institutionalisiert werden. Ob die CDU heute in der Enquetekommission das Eckpunktepapier mitbeschließt, ist ungewiss. Es wird bis zuletzt verhandelt. Die Opposition sieht noch gravierende Unterschiede zwischen ihren Vorstellungen und denen von Rot-Grün.

Bernhard Henter nennt zwei Beispiele: "Wir wollen die Deckungslücke der Kommunen genau beziffern, die Koalition nicht", sagt er. Außerdem wolle die Union, dass den Städten und Kreisen außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs passgenau geholfen werde und nicht innerhalb. "Wir wollen, dass sich das Land bei den Jugendhilfe- und Sozialleistungen bis zu 50 Prozent an den ungedeckten Kosten beteiligt."
Extra

Der Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen, der sich auch als Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Städtetags intensiv in die Beratungen eingeschaltet hat, erwartet von einer Rundum-Erneuerung des Finanzausgleichs eine substanzielle Verbesserung der Situation der großen Städte. Seine zentralen Forderungen: Für die hochverschuldeten Städte muss es eine besondere Hilfe geben, die ihnen ermöglicht, bei sparsamem Wirtschaften nicht ständig neue Schulden zu machen. Zudem soll die künftige Finanzausstattung die von den Kommunen zu leistenden Sozialausgaben entscheidend berücksichtigen - und die Kosten für die Schülerbeförderung, die derzeit bei den Schulstandorten liegen, müssen anders verteilt werden. Neu sind diese Forderungen nicht, aber bislang war an eine Realisierung nicht einmal ansatzweise zu denken. Das scheint sich geändert zu haben. Er sei nach etlichen Gesprächen "durchaus optimistisch, dass an den richtigen Stellschrauben gedreht wird und zum 1. Januar 2014 ein kommunaler Finanzausgleich in Kraft tritt, der die Städte deutlich entlastet", sagt Jensen. Das passt zur Ankündigung der designierten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die beim SPD-Neujahrsempfang in Trier die Entlastung verschuldeter Kommunen ganz oben auf ihre Prioritätenliste im künftigen Amt angesiedelt hat. DiL

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