"Das ist ein Vabanque-Spiel"

TRIER. Für die einen Hoffnungsträger, für die anderen Schreckgespenst: Das geplante Paulinus-Center stößt im Trierer Einzelhandel auf geteilte Meinungen. Der Investor Trigon hält an seiner Planung, im Jahr 2007 zu eröffnen, uneingeschränkt fest.

Still ruht der Riese. Wo einst die Paulinus-Druckmaschinen ratterten, wachsen idyllische Spinnweben. Doch im Frühjahr 2005 rollen die Abrissbagger an, und zwei Jahre später sollen hier 60 Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von 15 000 Quadratmetern dem Einzelhandel in Trier neue Impulse verleihen.Horsch sieht Lücken im Angebot

"Diese Zeitplanung steht nach wie vor", versichert Andrea Meyer vom Berliner Investor C+T Development (Trigon). Alle Gerüchte und Vermutungen in Trier, die das Projekt schon auf dem Abstellgleis sahen, wischt die Projektmanagerin beiseite. Auch die klare Absage des neuen Architektenbeirats sieht sie gelassen. Man stelle sich der Kritik und habe für die nächste Sitzung am 8. Oktober eine modifizierte Planung ausgearbeitet. Das Grundkonzept ändere sich freilich nicht: "Wir müssen weiter an die Funktionalität denken", sagt Meyer. Die klare Ansage aus Berlin dürfte all jenen die Illusionen rauben, die bis zuletzt glaubten, das Mammut-Unternehmen mitten im Herzen der Stadt werde sich irgendwie von selbst erledigen. Wer klug ist, stellt sich beizeiten auf die neue Konkurrenz ein. Im Rathaus hat man das längst getan. Auch wenn Wirtschaftsdezernentin Christiane Horsch angesichts der schönen neuen Einkaufswelt keineswegs restlos begeistert klingt. Das Paulinuscenter könne "nur dann eine Bereicherung sein, wenn es qualitativ anspruchsvolle Sortimente bietet und architektonisch anspruchsvoll gemacht ist". Lücken im Angebot seien in Trier durchaus vorhanden, glaubt die Dezernentin, und nennt als Beispiel "hochwertige Porzellan-, Glas- und Haushaltswaren". Für den Chef der City-Initiative, Hans P. Schlechtriemen, bedeutet der neue Gigant einen diplomatischen Drahtseilakt. Die Meinungen in seiner Mitgliedschaft sind geteilt, vor allem die kleinen Betriebe verbinden mit dem Paulinuscenter eher Furcht vor erdrückender Konkurrenz als Hoffnung auf neue Käuferströme. Dennoch sieht Schlechtriemen das Center "bei gutem Mix als Chance". Das mit dem guten Branchen-Mix, so hat Christiane Horsch erkannt, ist allerdings kaum zu kontrollieren. "Wir haben da keinerlei Einflussmöglichkeit", weiß die Politikerin."Der Kuchen wird für alle kleiner"

Und so mancher Händler, der seinen Namen nicht gern in der Zeitung lesen will, mutmaßt, "dass da ja doch wieder der übliche Filialisten-Ramsch hinkommt". Andere sind mutiger bei der Meinungsäußerung, so wie Christoph Heinemann von der gleichnamigen Wäschegalerie in der Brotstraße. "Der Kuchen wird für alle kleiner, denn die Kaufkraft steigt nicht", ist er überzeugt. Andere Städte hätten bereits negative Erfahrungen mit großen Einkaufspassagen gemacht. Mehr Leerstand werde das Bild in der City prägen. Sein Fazit: "Das ist ein Vabanque-Spiel mit den Mittelständlern". Aber das ist nicht die einzige Befürchtung. Das Paulinus-Center werde zu einer Umleitung der Einkaufswege führen. "Und dann ist die Frage, ob die Brotstraße ihren 1a-Status behält." Ähnliche Überlegungen auch in der Nagelstraße: "Wir sehen das mit großen Bedenken", sagt Elke Heinz von der Interessengemeinschaft. Einen Pluspunkt kann Christoph Heinemann immerhin der Entwicklung abgewinnen: Mit der zusätzlichen Fläche würden, so seine Hoffnung, "die Mieten in den 1a-Lagen günstiger". Wenn er sich da mal nicht irrt: Michael Keussen, Geschäftsführer von "Haus und Grund", ist sicher, "dass die 1a-Lagen in Trier auch in Zukunft zu Top-Preisen vermietbar sind, mit und ohne Paulinus-Center". Aber in den Randbereichen, so seine Prognose, werde es "mächtig bröckeln". Das könnte noch deutlich dramatischer werden: Aus Insider-Kreisen ist zu hören, dass offenbar darüber nachgedacht wird, auch das alte Hauptpost-Gebäude in den Center-Komplex zu integrieren. Spätestens dann würde der Riese zum Monstrum. Der Trierische Volksfreund lädt zu einem Forum am Mittwoch. 6. Oktober, um 20 Uhr im Modehaus Marx ein. Thema: "Einzelhandel in Trier - Lokomotive oder Lastesel?". Alle interessierten Bürger sind eingeladen.

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