Theater Eine sympathische Familie

Trier · Das Kulturlabor Trier inszeniert mit „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ eine herzerfrischende und lehrreiche Komödie für junge und junggebliebene Zuschauer.

 Wenn Eltern sich über die Erziehung streiten: Während Mutter Berti (Elke Reiter) ihrem Konrad (Rebekka Michalek) Tintenfisch serviert, reicht Vater Egon (Sebastian Gasper) gesundes Essen.

Wenn Eltern sich über die Erziehung streiten: Während Mutter Berti (Elke Reiter) ihrem Konrad (Rebekka Michalek) Tintenfisch serviert, reicht Vater Egon (Sebastian Gasper) gesundes Essen.

Foto: Medienhaus Trierischer Volksfreund/Mechthild Schneiders

Zögerlich steckt Konrad den Finger in die rote Farbe, zieht einen dünnen Strich auf die Tapete. Dann wird er mutiger, malt mit mehreren Fingern, zuletzt mit der ganzen Hand. Auch seine Freundin Kitty greift zur Flasche, färbt die Wand blau. Dinge tun, die normalerweise verboten sind. Worte sagen, die sonst nie über die Lippen kommen. Das alles muss Konrad lernen – und zwar im Crashkurs. Nur das kann ihn retten. Konrad ist ein Retortenkind. In einer Fabrik gezeugt, auf perfekt programmiert statt liebevoll erzogen, kommt er auf Bestellung auf die Welt – besser gesagt aus der Dose. Nur liefert die Post die an die falsche Mutter.

Die Geschichte des Fabrikkindes, „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“, hat die mehrfach ausgezeichnete Jugendbuchautorin Christine Nöstlinger in den 70er Jahren geschrieben. Alexander Ourth hat sie nun für den Verein Kulturlabor für die Trierer Tufa inszeniert.

Wie gesagt, die Post … Die Dose mit dem Jungen landet irrtümlich bei der chaotischen Lebenskünstlerin Berti Bartolotti (herrlich anarchistisch: Elke Reiter). Die hat den Kleinen sofort lieb – und er sie auch. Dabei entspricht das Leben mit Berti so gar nicht Konrads Vorstellungen von einem Elternhaus: Eis als Hauptspeise, bunte Klamotten, ins Bett gehen, wann er will. Das alles ist dem braven Jungen schwer suspekt. Was wiederum Bertis überkorrektem Freund Egon (Sebastian Gasper) gefällt, der Konrad vom Fleck weg adoptiert. Rebekka Michalek - sie gewann im Juli gemeinsam mit Ourth den Theaterpreis der Fränkischen Landeszeitung für ihr Stück „Argula: die Reformatorin“ bei den Feuchtwanger Kreuzgangspielen - spielt sehr überzeugend den überklugen Jungen, der nicht wagt, in Versuchung geführt zu werden.

Bei so unterschiedlichen Eltern bleibt Streit nicht aus. Auch um Konrads Freundin Kitty – nach Egons Meinung kein Umgang für seinen perfekten Sohn. Christina Osiewacz spielt die Freundin erfrischend frech. Die Eltern trennen sich. Doch als die Fabrik – Ourth/Christian Dirr und Thora Kleinert sind die Mitarbeiter, aber auch Postboten – Konrad wieder haben will, merken die Drei, dass sie zusammengehören und entwickeln eine List, damit Konrad in der ungleichen Familie bleiben kann. Ein Lehrstück sozusagen, über Familie, Liebe, die Balance zwischen Chaos und Ordnung, Renitenz und Demut. 220 junge Zuschauer und Lehrer verfolgen das liebevoll arrangierte Spiel, das eine gehörige Portion Humor aufweist. Denn Ourth hat Nöstlingers Worte szenisch übersetzt, wobei er sich bei Vorbildern wie Loriot bedient. Perfekt in Szene gesetzt hat der Regisseur das Chaos – auf der Bühne verlangt dies eine perfekte Abstimmung und Choreographie.

Ourth hat dem Stück viel Tempo mitgegeben, auch durch viele Umbauten, bei denen die Akteure mit den Requisiten zur Musik über die Bühne wirbeln. Die Kinder haben ihren Spaß. Etwa, wenn die Briefträger durch den Saal rennen, oder wenn die Kinder die Tapete bunt bemalen.

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