Serie „Landmarken“, Teil 12 Dieses Steinkreuz in Kenn hatte mehr als einen Vorgänger

Kenn · Serie „Landmarken“: Dieses Denkmal aus Sandstein in Kenn bei Trier hat in den vergangenen Jahrhunderten so einiges mitgemacht.

 Eingerahmt von Straßenschild und Mittagstisch-Plakat: Das Sandsteinkreuz in Kenn zieht nicht unbedingt auf den ersten Blick die Aufmerksamkeit auf sich.

Eingerahmt von Straßenschild und Mittagstisch-Plakat: Das Sandsteinkreuz in Kenn zieht nicht unbedingt auf den ersten Blick die Aufmerksamkeit auf sich.

Foto: Martin Recktenwald

Von der Straße aus wirkt dieses Sandsteinkreuz in Kenn (Landkreis Trier-Saarburg) unscheinbar. Nur mit einem kleinen, eingezäunten Fleckchen umgeben, zwängt es sich an die Ecke der Kreuzung Am Kenner Haus/Trierer Straße. Mit einem Sockel von 1,25 Meter Höhe und einem aufgesetzten, 45 Zentimeter hohen Steinkreuz überragt es nicht einmal die Rückwand, vor der es steht. Seit einiger Zeit stiehlt ihm auch noch ein Plakat die Schau, das auf ein Mittagstisch-Angebot im Ausbildungszentrum der Handwerkskammer hinweist. Trotzdem muss an diesem Kreuz etwas dran sein. Sonst hätten nicht über Jahrhunderte immer wieder Zeit­genossen an ihm herumgebastelt.

Die Spuren sind für das ungeschulte Auge kaum zu entdecken. Inschriften auf Vorder- und Rückseite lassen sich allenfalls noch er­ahnen. Doch die Gemeinde Kenn hat sich immer wieder um die Restaurierung bemüht. Dabei wurde ein Teil der Geschichte zu Tage gefördert. So hatte 1985 der Trierer Steinmetzmeister Christoph Kronewirth das Kreuz in seiner Werkstatt. Er bewertete es mit folgenden Worten: „Eine qualitätvolle Arbeit, der mehrfach übel mitgespielt wurde, einmal durch mutwillige Beschädigungen, zum Beispiel Schläge mit Spitzhacke und Umstürzen, einmal durch gut gemeinte Anstriche.“ Unter den Resten einer Vielzahl von Farbschichten entdeckte er die ursprüngliche Handwerks­arbeit. Zum Entstehungs­zeitpunkt Mitte des 19. Jahrhunderts dürfte diese inklusive vergoldeter Schrift recht kostspielig gewesen sein.

 Gerade 1,25 Meter ist der Sockel hoch und 45 Zentimeter das Kreuz darauf.

Gerade 1,25 Meter ist der Sockel hoch und 45 Zentimeter das Kreuz darauf.

Foto: Martin Recktenwald

Bei Krone­wirths Restaurierung bestätigte sich auch, dass Kreuz und Sockel nicht ursprünglich zusammengehörten. Vielmehr wurde es in die erheblich breitere Lücke eines Vor­gänger­modells ein­zementiert. Und auch die kleine Nische im Sockel war nicht durchgehend Ruhe­statt für eine Marienfigur. Heute ziert wieder eine kleine Pietà dieses Ensemble. Lange Jahre war ihr Platz jedoch leer. Vermutlich wurde ihre Vorgängerin gestohlen, denn Spuren am Stein deuten auf das gewaltsame Herausbrechen eines Absperrgitters hin. Noch so eine Tat rund um dieses Kreuz, deren Geschichte nicht mehr lückenlos zu klären ist.

 EIne kleine Marienfigur hat wieder ihren Platz im Sockel gefunden.

EIne kleine Marienfigur hat wieder ihren Platz im Sockel gefunden.

Foto: Martin Recktenwald

Immerhin konnten durch das Experten­auge die Inschriften wieder entziffert werden. Auf der Vorder­seite wird aus dem Brief des Apostels Paulus an die Galater zitiert (Gal 6,14): „Von mir aber sei es fern, mich zu rühmen als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“ Die Rückseite trägt nur ein schlichtes „Gelobt sei Jesus Christus“. Historisch inter­essant wird es am Fuß des Kreuzschafts mit einem Hinweis offenbar auf den Stifter: „Kaspari in Trier“. Hierzu haben bereits einige an Heimat­geschichte Interessierte Nachforschungen angestellt, unter anderem in Beiträgen für die Kenner Ortschronik. Vermutet wird hinter dem Namen ein Steinmetz namens Gerhard Kaspari, der 1832 in Wittlich geboren wurde und später in Ruwer heiratete. Wer aber das Kenner Kreuz in Auftrag gab und mit welcher Absicht – das bleibt unklar.

 Das Kreuz passt mit seinen Proportionen nicht zum Sockel, es wurde nachträglich als Ersatz für ein größeres Vorgängermodell eingefügt.

Das Kreuz passt mit seinen Proportionen nicht zum Sockel, es wurde nachträglich als Ersatz für ein größeres Vorgängermodell eingefügt.

Foto: Martin Recktenwald

Eine Theorie wäre, dass damit an ein Vorgänger-Kreuz an gleicher Stelle erinnert wurde. Denn die historische Spur reicht um einige Jahrhunderte weiter zurück. Das preußische Kataster wies 1820 das gesamte Flurstück als „beim Kreuzchen“ aus. Womit es dort mit großer Sicherheit vorab schon mal ein Kreuz gegeben haben müsste. Aber bereits eine Urkunde von 1619 benennt diesen Ort eindeutig: „hinter dem Creuz zu Kevenig zu“. Die nächste Erwähnung stammt von 1651.

Es ist also zu vermuten, dass eine ganze Reihe Kreuze stets an dieser Stelle neu errichtet wurden. Die heutige Version mit ihren vielen Ausbesserungen setzt die lange Tradition fort.

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