Das Theater? Aber doch nicht im Kulturausschuss!

Trier. · Fragen und Anmerkungen zum krisengeplagten Haus am Augustinerhof sind in diesem Gremium offenbar tabu. Als Ulrich Dempfle (CDU) wissen wollte, warum die Fraktionen die Verpflichtung einer neuen Schauspielchefin aus der Zeitung erfahren mussten, würgte Bürgermeisterin Angelika Birk (Foto) ihn ab.

Archivaufnahme.

Archivaufnahme.

Foto: Archiv, volksfreund.de


Der Kulturausschuss sollte abgeschafft werden. Diese Haltung präsentierte Tobias Schneider (FDP) vergangene Woche im Stadtrat und scheiterte mit dem Antrag auf Auflösung des 2010 geschaffenen zusätzlichen Ausschusses. Schneiders Basisargument: Der Kulturausschuss habe die Krise um den Ex-Intendanten Karl Sibelius und den Ex-Dezernenten Thomas Egger nicht gelöst, sondern verschärft und eskalieren lassen.

Tobias Schneider sitzt nicht im Kulturausschuss, auch die im Stadtrat vertretene AfD und die Piratin Darja Henseler sind in diesem Gremium nicht vertreten. So war der Chef der Trierer Liberalen nicht dabei, als Ulrich Dempfle (CDU) zu einer Kritik an den Kommunikationsmethoden der Stadtverwaltung anhob. Er kam damit jedoch nicht weit.

"Warum müssen die Mitglieder des Kulturausschusses aus der Zeitung erfahren, dass das Theater eine neue Schauspielchefin gefunden hat?", wollte der Christdemokrat wissen. Er meinte damit einen TV-Artikel vom 3. Februar, aus dem hervorging, dass Caroline Stolz die Schauspielsparte in Trier übernimmt, wenn Ulf Frötzschner sich verabschiedet. Stolz ist künstlerische Direktorin am Theater Pforzheim.

Bürgermeisterin Angelika Birk (Bündnis 90/Die Grünen) leitete die Sitzung und bremste Dempfle und das Theater ruckartig aus. "Ich bin nicht befugt und in der Lage, mich dazu zu äußern", sagte sie. "Das Theater ist zurzeit thematisch Oberbürgermeister Wolfram Leibe zugeordnet."

Im Klartext: Der Kulturausschuss, vor sieben Jahren geschaffen zur Förderung einer effektiveren Kulturpolitik, darf offenbar erst dann wieder über das Theater sprechen, wenn Trier einen neuen Kulturdezernenten gefunden hat und alle Zuständigkeiten innerhalb des Stadtvorstands neu geordnet und verteilt worden sind. Bis dahin heißt es: Das Theater? Aber doch bitte nicht im Kulturausschuss!

Gegen einen Vortrag von Elisabeth Dühr, der Direktorin des Stadtmuseums, hatte dagegen niemand etwas einzuwenden. Dühr blickte auf 2016 zurück und bis 2020 voraus. Ein Schwerpunkt war die Nero-Ausstellung, die im vergangenen Jahr von Mai bis Oktober sehr erfolgreich gelaufen ist. 272?000 Besucher kamen ins Stadtmuseum, das Museum am Dom und das Rheinische Landesmuseum.

Der Blick voraus galt spannenden Ausstellungen, darunter "Plätze in Trier: gestern, heute, morgen" (2017 bis 2018) und "Karneval in Trier" (November 2019 bis Aschermittwoch 2020). Die größte Vorfreude gilt der Karl-Marx-Ausstellung 2018. Dühr hatte eine gute Nachricht mitgebracht. "Wir haben ein frühes Portrait von Karl Marx als private Schenkung erhalten."

Der Kommentar: Der nächste logische Schritt ist die Auflösung
Von Jörg Pistorius

Der Kulturausschuss spielt eine Hauptrolle im Drama um das Theater. Weit weg von jeder finanziellen Realität und desinteressiert an den klaren Fakten sangen Mitglieder dieses Gremiums noch Lobeshymnen auf den damaligen Intendanten Karl Sibelius, als dessen Scheitern längst offenkundig war.
Dieser Ausschuss kann nicht funktionieren, offenbar konnte er es noch nie. Die großen Fraktionen haben ihre Kulturexperten entsandt, die sich an Notwendigkeiten und Zwänge des städtischen Haushalts offenbar nicht gebunden fühlen. Doch für das Entwerfen von Wunschbildern und Luftschlössern braucht die Stadt keinen zusätzlichen Ausschuss.
Die Diskussion am Dienstagabend hat einmal mehr klar beweisen, dass das Experiment gescheitert ist: Das Theater, dessen Krise noch lange nicht überwunden ist, wurde zur Chefsache, Oberbürgermeister Wolfram Leibe hat es übernommen. Der Kulturausschuss ist damit auf der Ersatzbank gelandet. Der nächste logische Schritt ist seine Auflösung. j.pistorius@volksfreund.de

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