Das Theater bleibt, viele Fragen auch

Trier · Die Aussage im gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Grünen, FWG und Linke ist klar und eindeutig: "Die Stadt Trier erhält das Drei-Sparten-Ensemble-Theater." Doch in den folgenden elf Punkten des Papiers wird deutlich, dass die Kulturpolitiker auch erhebliche Veränderungen einfordern.

Trier. Bis zuletzt hielten die Ratsfraktionen ihren gemeinsamen Antrag geheim, so als wollten sie der Verwaltung zeigen: Das ist unser Beschluss. Wir sind diejenigen, die über die Zukunft des Theaters entscheiden.
Gutachter Dieter Haselbach hatte von der Verwaltung den Auftrag aufzuzeigen, wie man im Theaterbetrieb substanziell Geld einsparen kann. Die Fraktionen haben sich seine Vorschläge angehört und entschieden, dass das nicht der Weg ist, den sie gehen wollen. Wie sie das Theater bezahlbarer machen wollen, steht freilich nur sehr schemenhaft in ihrem Antrag.
Und doch: Es bewegt sich einiges. Bis Ende November soll die Verwaltung eine Ausschreibung für die Nachfolge von Gerhard Weber vorlegen. Gesucht wird ein "Intendant mit Management-Schwerpunkt". Parallel soll eine Stelle für umfassendes Kosten-Controlling eingeführt werden. Auf der künstlerischen Seite will man den Spartenchefs von Tanz, Musiktheater und Schauspiel mehr Eigenverantwortung übertragen. Aber die Eckpunkte zur inhaltlich-konzeptionellen Ausrichtung des Theaters möchte der Rat künftig selbst erarbeiten.
Der neue Chef soll die "internen Abläufe optimieren", ein eigens eingestellter Marketing-Profi das Sponsoren-Aufkommen vergrößern, die Mitwirkungs-Möglichkeiten für Spender und Mäzene will der Ausschuss ebenfalls ausweiten. Unausgesprochene Hoffnung: Mehr Einnahmen und weniger Kosten. Denn auf den Rat kommt unweigerlich die Frage zu, wie die Stadt das - schon durch Lohnerhöhungen automatisch steigende - Budget für das Haus weiter aufbringen will.
Über dieses Thema soll die Verwaltung mit dem Land und den umliegenden Landkreisen "inhaltlich-strategische Sondierungsgespräche führen". Auch "potentielle finanzielle Ersparnisse" durch Kooperationen mit den Theatern in Koblenz, Kaiserslautern, Saarbrücken und Luxemburg sollen geprüft werden.Komplett-Neubau wird geprüft


Angesichts der mehr als 20 Millionen teuren Bausanierung, die immer dringlicher wird, setzt der Antrag (in diesem Punkt ohne die Grünen) ein wichtiges Signal: Geprüft werden soll jetzt auch ein Neubau am bisherigen Standort.
Für die CDU erklärte Kultur-Sprecherin Dorothee Bohr, ein im Gutachten beschriebenes Bespieltheater bedeute einen zu großen Verlust an Identifikation. Für die Christdemokraten brachte sie die Idee eines "multifunktionalen Theater- und Kongresszentrums" ins Spiel, das die Funktionen des Theaters und der Europahalle übernehmen könne.
SPD-Kulturchef Markus Nöhl hob die Rolle des Ensembletheaters als "Befruchtung für die gesamte städtische Szene" und vor allem für die Schulen hervor. Er stellte aber auch klar: "Das Haus kann nicht bleiben, wie es ist, es muss reformiert werden", es brauche "deutlich effizientere Strukturen". Uschi Britz von den Grünen forderte vom Theater inhaltliche Änderungen: Es müsse "mehr offene Teilhabe ermöglichen, verschiedene Schichten stärker einbinden, sich der jungen Kreativszene öffnen und ein Kulturplatz für alle werden".
Hermann Kleber (FWG) beschwor die Zukunft des Hauses als ein "Theater der Region", das stärkere Präsenz in der Fläche zeigen müsse. Marc-Bernhard Gleißner (Linke) bezeichnete das Haselbach-Gutachten als "rausgeworfenes Geld". Letzteres fand nur bei der FDP Gnade, deren Sprecher Tobias Schneider anzweifelte, ob der Verzicht auf große Schnitte "mit den finanziellen Realitäten übereinstimmt". Dem Antrag der anderen Fraktionen fehle ein seriöses Finanzierungskonzept. Ein Problem, auf das auch Kulturdezernent Thomas Egger mit Blick auf kommende Sparauflagen der ADD hinwies.Meinung

Der Rat muss jetzt dranbleiben
Es klingt paradox, aber das Gutachten zur Trierer Theater-Zukunft, von dem nichts übrig geblieben ist, war ein Erfolg. Denn nur der Umstand, dass ein externer Experte gnadenlos aufzeigte, um welchen Preis im Theater gespart werden kann, konnte die seit Jahren zwischen Verwaltung und Rat herrschende Agonie bei diesem Thema aufreißen. Nun machen die Fraktionen klar: Wir wollen ein Ensemble-Haus mit allen drei Sparten. Das ist eine klare Ansage, und eine richtige dazu. Gegen das grandiose Bespiel-Theater in Luxemburg kann nur ein profiliertes Ensemble-Haus bestehen. Aber unterhalb dieser Schwelle stellt der Kulturausschuss so ziemlich alles zur Disposition. Die Arbeitsabläufe im Theater, die Rechtsform, die Rolle des Intendanten, die Präsenz in der Region, der Umgang mit neuen soziokulturellen Formen: All das kann und soll sich ändern. Auch mit Blick auf mögliche Potentiale zur Senkung der Kosten und zur Verbesserung des Angebots. Die Richtung stimmt. "Weiter so" wäre angesichts der unverändert engen Rahmenbedingungen eine Parole mit minimaler Halbwertszeit. Wenn der Rat jetzt dranbleibt, wenn er einen Intendanten sucht, der Dinge neu denkt, wenn er die Spartenchefs des Hauses einbindet, die derzeit mit permanenter Präsenz Interesse an der Diskussion dokumentieren: Dann könnte das doch noch was werden. Die Alternative ist, dass der Laden bei den nächsten ADD-Sparauflagen krachend in die Luft fliegt. d.lintz@volksfreund.de

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