Forschung Trier, das Römerschiff und die Geliebte
Trier · Großer Auftritt für Bissula. Der originalgetreue Nachbau eines römischen Handelsschiffes ist am Freitag von Ministerpräsidentin Malu Dreyer getauft worden. Auf der Mosel beginnt nun der zweite Teil des spektakulären Forschungsprojekts.
Besser hätten die äußeren Bedingungen für die groß inszenierte Namenstaufe nicht sein können. Das 16 Meter lange Holzschiff, das in den vergangenen zwei Jahren als originalgetreue Rekonstruktion eines vor der südfranzösischen Küste gesunkenen römischen Handelsseglers auf dem Campus der Universität Trier entstanden war, musste dabei am Freitag seine erste Bewährungsprobe bestehen. Denn keiner der Hunderten offiziellen Gäste und Schaulustigen verpasste die Chance, zumindest kurz an Deck zu gehen.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer hatte das bislang unter „Laurons II“ laufende Forschungsprojekt der experimentellen Archäologie davor auf den Namen Bissula getauft – mit etwas Wein aus einer kleinen Amphore. Als Leuchtturmprojekt sei es „ein treffendes Sinnbild für die besondere Qualität der Stadt Trier und der gesamten Region“, lobte Dreyer. „Es bestätigt auf eindrucksvolle Weise, dass wir in Trier einen leistungs- und innovationsstarken Wissenschaftsstandort haben.“ Neben den historischen Aspekten habe sie vor allem beeindruckt, wie viel Zeit die Studierenden und weitere Helfer ehrenamtlich in das Projekt investiert hätten.
Welche besondere Bedeutung der Bau des Schiffes und die weitere Forschung damit auf der Mosel und vielleicht auch im Mittelmeer hat, betonte Projektleiter Prof. Dr. Christoph Schäfer („Der Bau dieses Schiffes ist für mich eine fundamentale Erfahrung“), der Gäste aus ganz Europa willkommen hieß. Denn das Transmare-Institut an der Universität Trier versammelt mehr als 20 Wissenschaftler aus vielen Ländern, die gemeinsam maritime Forschung von der Antike bis zum 21. Jahrhundert betreiben.
Die Bissula soll dabei helfen, mehr über die Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit zu erfahren, die ohne den Seehandel nicht möglich gewesen wäre. Denn für das Imperium mussten Getreide, Olivenöl, Wein oder andere Massengüter über weite Strecken über die Meere und Flüsse transportiert werden, um Bevölkerung und Soldaten zu versorgen.
Aufschlüsse dafür sollen die Testfahrten mit dem Schiff auf der Mosel bringen. In Kooperation mit der Hochschule Trier werden reale Daten über das Leistungsvermögen und Verhalten des Schiffes erhoben und mit den Daten verglichen, die in Computersimulationen bereits ermittelt worden sind. Möglicherweise kann durch diesen Abgleich geklärt werden, ob digitale Modelle in Zukunft aufwendige Nachbauten ersetzen können. Federführend dafür sind Michael Hoffmann und Karl Hoffmann-von-Kap-herr vom Fachbereich Technik der Hochschule.
Hauptförderer des Projekts sind die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Nikolaus-Koch-Stiftung Trier. Viel Unterstützung gab es laut Projektleiter Schäfer aber auch aus dem Handwerk und von engagierten Bürgern. Das Holz für den Bau des Schiffes spendete die Stadt Trier aus dem heimischen Wald. „Weil die Bäume einen Wert von 10 000 Euro hatten, mussten wir das durch die Aufsichtsbehörde genehmigen lassen“, berichtete der nach eigener Aussage „stolze“ Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Ebenso wie Universitätspräsident Michael Jäckel und viele Gäste wäre er am Freitag gerne zu einer Testfahrt an Bord geblieben. Für touristische Nutzungen wird das Forschungsschiff aber – zumindest auf absehbare Zeit – nicht zur Verfügung stehen.
So bleibt Nichtwissenschaftlern nur der Blick auf die Mosel und die dort kreuzende Bissula, die ihren Namen mit Verweis auf den römischen Dichter Ausonius erhalten hat. Der setzte seiner Geliebten im Jahr 368 ein literarisches Denkmal – in dem Gedicht „de Bissula“.