Serie „Landmarken“, Teil 19 Hier wird an den Mord an einem Händler erinnert

Schleich · Serie „Landmarken“: Das „Zitronenkrämerkreuz“ in Schleich an der Mosel und das „Haus Venedig“ in Trier verbindet eine gemeinsame Geschichte.

Serie „Landmarken“: Zitronenkrämerkreuz in Schleich
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Serie „Landmarken“: Zitronenkrämerkreuz in Schleich

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Foto: Recktenwald Martin

Seit mehr als 300 Jahren steht auf der Hochfläche über Schleich (Landkreis Trier-Saarburg) ein Wegkreuz. Heute führt dort der Moselhöhenweg vorbei, einst verlief hier aber eine Handelsstraße. Damit steht auch das Kreuz in Verbindung, denn es erinnert an die Ermordung eines Händlers. Die Inschrift nennt einen gewissen PI Carové als Opfer. Dieser Zitronenkrämer soll 1687 von seinem Diener erschlagen worden sein. So bekam der Gedenkort seinen Namen „Zitronenkrämerkreuz“.

Hinter dieser Tragödie, die sich heute nicht mehr kriminalistisch aufklären lässt, verbirgt sich eine inter­essante Familiengeschichte. Deren Spuren reichen bis nach Trier zum „Haus Venedig“ in der heutigen Brückenstraße. Denn an jenem Gebäude findet sich ein nahezu identisches Wappenmotiv wie auf der Säule des Steinkreuzes: Ein Karren mit rückwärts blickenden Vögeln. Es handelt sich in beiden Fällen um das Zeichen der Familie Carové. Deren Verbindung mit Trier begann zwischen 1651 und 1655. Laut Quellenlage zog damals Ambros Carové, Sohn eines gewissen Thomas, von Lenno am Comer See (Italien) nach Trier. Mehr ist über ihn nicht mehr zu erfahren, nicht einmal sein Alter. Sein ebenfalls Ambros genannter Sohn wird 1676 als Zitronen­krämer im Trierer Krämeramtsbuch verzeichnet.

 Das Wappen der Familie Carové am Sockel des Zitronenkrämerkreuzes .

Das Wappen der Familie Carové am Sockel des Zitronenkrämerkreuzes .

Foto: Recktenwald Martin

Demnach könnten sowohl der Vater als auch der Sohn 1687 den Tod auf der Handelsstraße gefunden haben. Die Inschrift weist nur auf die Errichter des Kreuzes hin: „… Kinder des allhier ver­storbenen PI ­­Carové seligen Angedenkens“. Die dritte Generation der Familie in Trier wird mit dem Bau des „Haus Venedig“ in Verbindung gebracht. Ambrosius, Sohn von Ambros II., soll es zwischen 1656 und 1688 errichtet haben. Er ließ das zur Brückenstraße stehende, dreigeschossige Haupthaus über einem romanischen Keller bauen. Hin zur Johannisstraße wurde 1683 bis 1685 das rückwärtige, ursprünglich nur zweigeschossige Wohnhaus im Auftrag von Thomas Carové erbaut.

 Das „Haus Venedig“ in der Trierer Brückenstraße gehörte der Familie .

Das „Haus Venedig“ in der Trierer Brückenstraße gehörte der Familie .

Foto: Recktenwald Martin

1777 ist der Hausname „Zu Venedig“ erstmals überliefert, 1781 der „Carovéische Hauskeller zu Venedig“. Ab da lässt sich die Geschichte als Hotel weiterverfolgen. Unter dem Krämer Johann Jakob Fischer, der das Anwesen 1796 übernahm und die Gaststätte „Zur Stadt Venedig“ einrichtete, wurden beide Häuser durch einen galerie­artigen Seitentrakt in der Johannisstraße miteinander verbunden. Dieser erhielt nach Entwürfen des Maurer­meisters Joseph Weis 1865 die beiden östlichen Erdgeschoss­fenster und zusammen mit dem Hinterhaus ein zweites Ober­geschoss. Um 1874 wurde der Hotelbetrieb durch den Neubau Johannisstraße 1b erweitert, bevor das Anwesen 1907 durchgreifend saniert und 1913 von der Stadt übernommen wurde.

Der heutige Bau stammt aus dem Jahr 1954. Der Zweite Weltkrieg hatte das alte Gebäude schwer beschädigt, auch die einst prunk­volle Innen­ausstattung fiel ihm zum Opfer. Seit vielen Jahrzehnten ist eine Apotheke im Erd­geschoss.

Über das Zitronenkrämerkreuz in der Gemarkung Schleich, den zweiten Hinweis auf die Familie Carové, lässt sich weniger berichten. Es handelt sich um einen steinernen Bildstock, der Jesus am Kreuz zeigt – mit zwei Frauen, die zu seinen Füßen stehen. In Anknüpfung an die Evangelien handelt es sich dabei vermutlich um seine Mutter Maria und Maria Magdalena. Darunter ist der Sockel mit dem Carové-Wappen und der Inschrift. War es Habgier, die zum heimtückischen Mord führte? Eine Kiste voller Gold aus einem erfolgreichen Zitronen­geschäft, wie in einem vor Jahren vom Schüler Tobias Faoro verfassten Gedicht vermutet wird? Wir werden es wohl nicht mehr erfahren. Für Wanderer ist dieser Ort dennoch ein lohnender Stopp – nicht nur wegen der Sitzbank, sondern auch wegen des Zitronenkrämerkreuzes und seiner Geschichte.

Das Gedicht von Tobias Faoro finden Sie online unter

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