"Dau Hejel" kostet zehn Cent

WELSCHBILLIG. Deutsch und Mathe steht an diesem Tag auf dem Stundenplan der 34 Valdocco-Schüler. Über den Schulabschluss hinaus werden die Jugendlichen zwischen zwölf und 16 Jahren hier in ihrer persönlichen Entwicklung gefördert. Nachdem wir im zweiten Teil der TV-Serie über das Jugendhilfezentrum (JHZ) die beruflichen Möglichkeiten dieser Einrichtung vorgestellt haben, geht es in diesem Teil um das schulische Angebot am Helenenberg.

Es ist ein grau-verregneter Tag, 9.45 Uhr: Zeit für das gemeinsame Klassen-Frühstück. Die fünf Schüler der 9H versammeln sich um den Tisch, auf dem unter anderem Marmelade, Leberwurst und frisches Brot aus der hauseigenen Bäckerei stehen. "Für uns ist das eine Gelegenheit, ein wenig zu flaxen, aber auch, um das eine oder andere zu besprechen", sagt die Leiterin der Helenenberger Valdocco-Schule, Christa Jakobs, die auch Klassenlehrerin der 9H ist.Zwischen grünem und rotem Bereich

Heute gibt es nichts zu besprechen. Sichtlich ermüdet kauen die 15- und 16-Jährigen auf ihren Broten. Je eine Stunde Mathe und Deutsch liegen hinter ihnen. In Deutsch lernen die Schüler derzeit, wie man eine Bewerbung schreibt. Schließlich gibt es ein Leben nach dem Helenenberg, und auf dieses möchten sie die zwölf Lehrerinnen und Lehrer bestmöglich vorbereiten (siehe Extra). "Ich möchte gerne Schreiner werden", sagt Thomas, einer der Schüler. Er hat bereits eine klare Vorstellung davon, wie es bei ihm nach dem Schulabschluss im Sommer 2007 weitergehen soll. Doch so weit sind noch nicht alle. Immer wieder komme es vor, dass Jugendliche zu spät oder gar nicht zum Unterricht erscheinen, so Jakobs. Mit verschiedenen Methoden versuchen sie und ihre Kollegen deshalb, die Jugendlichen an Disziplin zu gewöhnen. Morgens gehe es darum herauszufinden, wie die Jungs vor Schulbeginn gelaunt sind. Im Klassenzimmer angekommen, können die Schüler selbst ihre jeweilige Tagesform auf einer so genannten Stimmungstafel für alle äußerlich sichtbar machen - ist alles im "grünen Bereich" oder sollen mich die anderen besser in Ruhe lassen, bevor ich noch "rot" sehe? Das Verhalten eines jeden Schülers wird am Ende des Tages festgehalten. Hat er sich aktiv am Unterricht beteiligt? Ist der Schüler pünktlich zur Stunde erschienen? Der Aufwand, den die Lehr- und Fachkräfte an der Valdocco-Schule für jeden einzelnen ihrer Schützlinge betreiben müssen, ist enorm. Vor Beginn einer Schulwoche werden individuelle Pläne erstellt, die speziell auf die Bedürfnisse und Defizite des jeweiligen Schülers zugeschnitten sind. "Wir müssen hundertprozentig vorbereitet sein", sagt Christa Jakobs. Und wer sich trotzdem im Ton vergreift, der zahlt. Jakobs: "Beleidigungen wie ,dau Hejel' werden mit zehn Cent sanktioniert." Um 10 Uhr ist die Frühstückspause vorbei. In der gemischten Klasse für Schüler der fünften bis achten Jahrgangsstufe steht Englisch auf dem Stundenplan. Die Klassenlehrerin Yvonne Liepold geht reihum und schaut, wie Marvin, Alexander und Sascha ihre Aufgaben lösen. Während Marvin einen Text vom Englischen ins Deutsche übersetzt, paukt Alexander Vokabeln. "Frontalunterricht, wie man ihn aus anderen Schulen kennt, ist hier eher unüblich", sagt die Pädagogin. Schade sei jedoch, dass die Fremdsprache nur zweistündig unterrichtet wird, betont Liepold. Drei Mal je eineinhalb Stunden lang ist hingegen die Praxisphase fester Bestandteil des Stundenplans. Hierbei können die 34 Valdocco-Schüler zwischen verschiedenen Arbeitsgruppen (AGs) wählen. Beliebt ist das "therapeutische Ringen" bei Stefan Krebs. "Die Jugendlichen sollen durch das Ringen lernen, Körperkontakt aufzunehmen, aber weder als Sieger noch als Verlierer die Matte zu verlassen." In anderen Räumen werden Tonvasen getöpfert, Teelichte mit Schneemännern gebastelt oder Krippen gebaut. "Einen Teil davon nehmen die Jugendlichen als Geschenk mit nach Hause. Doch den Großteil verkaufen wir auf unserem Weihnachtsmarkt am 2. Dezember", erzählt Jakobs. Obwohl das Angebot für die Jugendlichen sehr vielseitig ist, plant die engagierte Schulleiterin weitere AGs: "Für 2007 stehen ein Trommel- sowie ein Tanzkurs à la ,Let's dance' und ,Stomp' auf dem Plan." Im vierten Teil der TV-Serie über das JHZ berichten wir über das Leben der Jugendlichen jenseits ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung am Helenenberg - ein Abend mit der Wohngruppe "Robert Schuman".

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