Dem Gesetz der Linie folgen

TRIER. Der Weg zur Form und die Genese einer Skulptur sind für Stefan Schu ebenso wichtig wie das Endergebnis. Seine Skulpturen und Reliefs aus Multiplex-Schichtholz stellt der Bildhauer und Kommunikationsdesigner unter dem Titel "a processing sculpture project" aus. Die Vernissage ist am 12. Mai um 19 Uhr im ersten Obergeschoss der Tuchfabrik.

"Meine Entdeckungsreise ist noch lange nicht abgeschlossen", sagt Stefan Schu. Sein Streben, ästhetische Formen zu finden, führt ihn auf Wege zu sich selbst, zur Natur und in die Innenwelten menschlichen Seins. Für ihn ist Kunst Selbstzweck, eine Skulptur Ausdruck eines inneren Bildes, das sich nach außen transportiert. "Diese Skulpturen dienen eher meditativen Zwecken, als etwa politische Anstöße zu bieten oder sich kritisch mit gesellschaftlichen Themen auseinander zu setzen", erklärt der 30-Jährige. Das Material, mit dem er arbeitet, habe er "durch Zufall und Experimentieren" entdeckt. Aus Zufall und einem intuitiven Arbeitsprozess ist eine intensive Auseinandersetzung mit Material und Form erwachsen. Eigentlich wird Multiplex, Platten aus verleimten Holzschichten, in der Möbelherstellung verwendet. Schu fügt mehrere dieser Platten zu Blöcken zusammen, aus denen er freie Formen und Körper regelrecht herausschält. Durch den geschichteten Aufbau des Materials ist der gesamte Block mit Linien durchsetzt, deren Gesetzmäßigkeit Schu folgt. Die "Grammatik des Holzes" nennt er die Regeln, die ihm das Material vorgibt, und mit denen das innere Bild, das sich in der äußeren Form manifestiert, verschmilzt. "Was ich finden wollte, ist die Schönheit der Form", sagt der Bildhauer. "Es gibt eine Berechtigung für das Schöne, das will ich erklären." Obwohl der Begriff der Ästhetik in der modernen Kunst längst nicht mehr denselben Stellenwert wie in vergangenen Jahrhunderten hat und oftmals als überkommen erscheint, ergreifen Schus Skulpturen und Reliefs den Betrachter, der dem Spiel der Linien folgt und sich gleichsam mit dem Künstler auf den Weg in das Material und sein Innerstes begibt. Er verliert sich in sanft geschwungenen Oberflächen, entgleitet in geschliffenen Kerben in urmütterliche Tiefen und entsteigt ihnen gleich einer intensiven, erkenntnisreichen Reise zum Ich. Neben dem Liniennetz als grafische Zeichnung spiegelt das Spiel von Licht und Schatten auf der Oberfläche die Körper, die monumental wirken können, sich aber auch durch Höhlungen und Verschlingungen mit dem Raum vereinen. Ecken und Kanten sucht man vergebens, Rundungen und weiche Kurven bestimmen das Erscheinungsbild. Von figurativen Skulpturen und der Abstraktion des menschlichen Körpers findet Schu den Weg bis zu vegetablen, organischen, freien Formen, die assoziativ funktionieren. Erste Schritte an der Fachhochschule

Die Bildhauerei als sein Medium und die freie Kunst als seine Sprache hat der 30-Jährige während seines Kommunikations- und Grafikdesignstudiums an der Trierer Fachhochschule entdeckt, das er mit dem Diplom vor drei Monaten beendete. Während seiner Aufenthalte an der University of Kansas (USA) und der Kunsthochschule Krakau (Polen) setzte sich dieser Reifeprozess fort. Beeindruckt ist er von den Arbeiten von Auguste Rodin, Alberto Giacometti oder Henry Moore. Künstler, die ihm zwar Vorbild sind, er aber kein Abbild von deren Werk schafft, sondern seinen eigenen Weg wählt. "Der Stift reicht mir nicht aus, um mich zu artikulieren. Im dreidimensionalen Bereich ist der Ausdruck für mich am stärksten", sagt Schu. Zwei Jahre hat er intensiv mit dem Multiplex-Material gearbeitet. Seine erste Ausstellung "a processing sculpture project" ist zugleich Endpunkt auf dem Weg zur Linie. Der Gedanke des Entdeckens, der Suche und des Entwickelns indes wird ihn auch bei der Arbeit mit anderen Materialien begleiten. Die Vernissage findet am Freitag, 12. Mai (19 Uhr), erstes Obergeschoss der Tufa, Wechselstraße 4, statt. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Mai.

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