Den heiligen Matthias gibt's nun als Ikone

Trier · Was hat ein Eidotter mit Ikonen zu tun? Christel Föhr gewährt in der Heiligkreuzer Straße in Trier-Süd zurzeit einen Einblick in ihre Werke und die uralte Kunst des Schreibens von Heiligenbildern. Dabei muss die Künstlerin etliche Regeln beachten. Ihre Kreativität lebt sie dennoch aus.

Trier. Wasser läuft über den Eidotter, den Christel Föhr in ihrer Hand hält. "Das ganze Eiweiß muss weg", erklärt sie. Dann drückt sie das Eigelb aus der hauchdünnen Hülle, füllt es in ein Fläschchen und gibt ein wenig Weißweinessig, Nelkenöl und Wasser dazu. Noch eine Messerspitze eines Farbpigments - und fertig ist das sogenannte Eitempera, ein leuchtstarkes und farbintensives Malmittel, mit dem sie ihre Ikonen schreibt. Obwohl sie mit Pinsel und Farbe hantiert, malt sie keine Ikonen. "Man schreibt sie", erklärt die 70-Jährige.
Die Arbeit an einer Ikone, ursprünglich einem Heiligenbild der Ostkirche, erfordere Geduld, künstlerisches Talent und eine gedankliche Verbindung mit dem Motiv, sagt Föhr. Während sie tagelang Schicht für Schicht aufträgt und die anfängliche Aufzeichnung immer bildhafter wird, läuft im Hintergrund russisch-orthodoxe Musik, die Atmosphäre ist meditativ. Ohne die innere Verbindung zum Thema der Ikone bekomme sie nichts hin, sagt die Schreiberin. Und erklärt, dass man mit den dunklen Farben beginnen müsse.
Rund 160 Werke sind im Laufe der vergangenen zehn Jahre entstanden. Erst seit ihrer Pensionierung als Lehrerin und Kursen im französischen Vézelay, in Norddeutschland, Köln und im Schwarzwald hat Föhr zu ihrer Passion des Ikonenscheibens gefunden.
Aufgewachsen in Künstlerfamilie


Eine künstlerische Ader ist Christel Föhr in die Wiege gelegt: Sie stammt aus einer alteingesessenen Trierer Bildhauerfamilie.
Zurzeit stellt die Pensionärin ihre Werke aus: Nach alten russischen, griechisch-orthodoxen, italo-kretischen, kroatischen, syrischen und äthiopischen Ikonen hat sie ihre eigenen geschrieben.
"Das hier ist eine Erzählikone", erklärt Föhr. Auf dem Heiligenbild ist Jesus Christus mehrmals in verschiedenen biblischen Szenen zu sehen.
An etliche Regeln muss sich die Triererin beim Ikonenschreiben halten: Etwa daran, dass der Überwurf der Muttergottes immer rot und der Unterwurf blau dargestellt werden muss. Aber Christel Föhr erlaubt sich auch Eigenkreationen: "Ich bin eine Mattheiserin, und den heiligen Matthias gab es noch nicht als Ikone", sagt Föhr. Vier Mal bereits hat sie den Schutzpatron der katholischen Pfarrgemeinde im Süden Triers geschrieben. kat
Die Ausstellung "Ikonen - geschrieben von Christel Föhr" ist bis zum 8. März in der Heiligkreuzer Straße 9 in Trier-Süd zu sehen. Die Ausstellung ist täglich außer montags von 10 bis 16.30 Uhr geöffnet.

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