"Den inneren Willen bändigen"

Während sie vier Wochen lang Hunger und Durst verspüren, stärken die gläubigen Muslime die Bindung zu Familie, Freunden und Gott. Das sagt der Imam der Wittlicher Eyüp Sultan Moschee, Memet Yeni, im TV-Interview.

Wittlich/Trier. (pwr) Der Ramadan ist ein Fest auch für Andersgläubige, sagt Memet Yeni. Mit dem Imam sprach TV-Redaktionsmitglied Patrick Wiermer.

Was bedeutet der Ramadan für die Muslime?

Der Ramadan ist neben dem Glaubensbekenntnis, dem täglichen Gebet, den Almosen und der Pilgerfahrt nach Mekka eine der fünf Säulen des Islam, auf die sich jeder gläubige Moslem stützen muss. Im Ramadan stärken die Muslime im Gebet die Beziehung zu Gott und wachsen im gemeinsamen Lesen des Korans zusammen. Das Fasten bedeutet aber auch, den inneren Willen zu bändigen. Das gilt nicht nur für diesen einen Monat: Der Ramadan ist ein Training für das ganze Jahr, um sich so zu verhalten, wie man es sollte. Dadurch werden schädliche Dinge, wie Kriminalität oder Alkohol, automatisch verhindert.

Hat die Bedeutung des Ramadan in den letzten Jahren zugenommen?

Er wird von Jahr zu Jahr wichtiger. Die Menschen wollen in der heutigen schnellen und stressigen Zeit immer mehr das intensive Verhältnis zu Gott spüren. Daran arbeiten auch die Imame jedes Jahr mehr.

Was bedeutet der Verzicht noch?

Der Verzicht auf Nahrung und Wasser hilft, Menschen zu verstehen, die ständig Hunger leiden. Der Verzicht auf Luxus hilft zu verstehen, was Luxus bedeutet. Außerdem werden in dieser Zeit die Hilfsbedürftigen durch die Fitre unterstützt: Einem Bedürftigen soll dadurch einen Tag geholfen werden - in Deutschland macht man das, indem man zehn Euro spendet. Eine der fünf Säulen des Islam ist auch Zakat, die jährliche Armensteuer, die im Fastenmonat Ramadan gezahlt wird.

Den Armen zu helfen, ist sehr wichtig für uns Muslime. Der Wille dazu kommt in der religiösen Atmosphäre des Ramadan ganz von selbst.

Wie würden Sie das Verhältnis zu Gott im Ramadan beschreiben?

Wer sich an die Verbote hält, wer täglich betet und den Armen hilft, nachts vorm Morgengrauen aufsteht, um zu essen und sich auf den Tag vorzubereiten - der hat eine sehr intensive Beziehung zu Gott.

Sie sagen, dass die Muslime im Ramadan zusammenwachsen. Inwieweit passt das mit der Integration zusammen?

Wir feiern den Ramadan mit allen Menschen, die um uns herum leben. Wir laden auch andersgläubige Nachbarn, Familie und Verwandte ein, um gemeinsam zu essen. In einigen Städten gibt es spezielle Fastenzelte. Auch bei unserer Moschee in Wittlich gibt es ein solches Zelt. Alle sind dort herzlich willkommen. Es geht um das friedliche Miteinander, es geht um die Menschen.

Das Gespräch wurde von Ekrem Yildiz, Vorstandmitglied der Ditib Türkisch Islamischen Gemeinde zu Wittlich, übersetzt.

Zur Person Memet Yeni (47) stammt aus Kars im Nordosten der Türkei. Er ist seit vier Jahren als Imam in Wittlich tätig. Mittlerweile ist er auch Dialogbeauftragter der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) auf Landesebene. Die Ditib ist eine von vielen islamischen Dachverbänden in Deutschland und vertritt bundesweit rund 900 Gemeinden.

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