Den Tempeln auf der Spur

Trier · Das Rheinische Landesmuseum startet archäologische Untersuchungen an der Spitzmühle. Das Gelände, auf dem Relikte des größten antiken Tempelbezirks nördlich der Alpen vermutet werden, ist als Standort für eine neue Hauptwache der Berufsfeuerwehr Trier im Gespräch. Vom Ergebnis der Grabungen hängt ab, ob dieser Plan weiterverfolgt werden kann.

Den Tempeln auf der Spur
Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Trier. Wenn vom antiken Tempelbezirk im Altbachtal die Rede war, bekam Heinz Cüppers (1929-2005), langjähriger Direktor des Rheinischen Landesmuseums, glänzende Augen. Dürfte er sich in Trier eine Stelle für eine Grabung aussuchen, dann genau dort. Es blieb ein unerfüllter Traum für einen der bedeutendsten Archäologen der Region.
Nun bietet sich doch die Gelegenheit, im Altbachtal zu buddeln, wenn auch in bescheidenen Dimensionen. In den kommenden Wochen werden Cüppers' berufliche Nachfahren an der Spitzmühle nach Spuren des größten antiken Tempelbezirks nördlich der Alpen suchen. Anlass: Der städtische Parkplatz zwischen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und Kleingartenanlage Trier-Ost ist als ein möglicher Standort für den Neubau der Berufsfeuerwehr-Hauptwache im Gespräch.
Die Tauglichkeit des Areals hängt davon ab, was im Boden schlummert. Stadtarchäologe und Grabungsleiter Joachim Hupe (50) wagt derzeit keine Prognose: "Wir betreten hier sprichwörtlich Neuland und wissen noch nicht, ob wir uns tatsächlich im Bereich des Tempelbezirks befinden."
Dass es den in gewaltiger Ausdehnung gab, ist durch eine Vielzahl von Einzelfunden wie Inschriftentafeln und vor allem durch eine große Grabungskampagne belegt: Von 1926 bis 1932 untersuchte das damalige Provinzialmuseum (heute Landesmuseum) unter Leitung von Siegfried Loeschcke (1883-1956) das Areal weiter westlich Richtung Bahntrasse. Auf einer fußballfeldgroßen Fläche kamen die Reste von mehr als 70 Mini-Tempeln, Priesterhäusern und eines Kulttheaters zum Vorschein. Die Grabung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für 60 Arbeitslose, wurde schließlich aus finanziellen Gründen eingestellt. Sie hat sich auf etwa ein Siebtel des vermutlich fünf Hektar großen Gesamtbezirks erstreckt, der im Osten vom Monumentaltempel am Herrenbrünnchen begrenzt worden sein dürfte.
Lederfabrik um 1970 abgerissen

 Um 1960: Die Lederfabrik an der Spitzmühle. Rechts oberhalb die Neubausiedlung Am Herrenbrünnchen. Foto: Stadtarchiv Trier

Um 1960: Die Lederfabrik an der Spitzmühle. Rechts oberhalb die Neubausiedlung Am Herrenbrünnchen. Foto: Stadtarchiv Trier

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"
 Südlich von Kaiserthermen und Aquädukt: der Tempelbezirk im Altbachtal – Ausschnitt aus Joachim Woditschs Modell des spätrömischen Trier im Rheinischen Landesmuseum.

Südlich von Kaiserthermen und Aquädukt: der Tempelbezirk im Altbachtal – Ausschnitt aus Joachim Woditschs Modell des spätrömischen Trier im Rheinischen Landesmuseum.

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"


Wo Loeschckes Team grub, erstreckt sich heute die Kleingartenanlage Tempelbezirk. Doch selbst, wenn die damalige Kampagne länger gedauert hätte - die Spitzmühle wäre davon unberührt geblieben. Denn dort, wo sich im Mittelalter die gleichnamige Mühle (wegen des spitz zulaufenden Grundstücks auch Winkelmühle genannt) befand, stand seit dem späten 19. Jahrhundert bis zum Abriss um 1970 die Lederfabrik Hermann Simon. Deren Reste in Form von Kellermauern und Lohbecken, in denen einst Häute gebeizt wurden, sind das Erste, was jetzt zu Beginn der Ausschachtungsarbeiten ans Tageslicht kommt.
Das Landesmuseum untersucht zwei Referenzflächen à 100 Quadratmeter Größe. Je nach Fundsituation werden die Gruben bis zu sieben Meter tief. "Unsere Arbeit wird keine Anschlussgrabung nach sich ziehen", stellt Hupe klar.
Laut Stadt sollen die Grabungen bis Ende September und die Begutachtung der Flächen einen weiteren Monat dauern. Anschließend werden die Gruben verfüllt und der Parkplatz wieder hergestellt. Ab Ende November sollen die 115 Stellplätze an der Spitzmühle wieder zur Verfügung stehen.

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