Denkmalschutz oder Abrissbirne?

Föhren · Das Föhrener Kloster soll abgerissen werden, damit der Ortskern entwickelt werden kann. So hat es der Gemeinderat beschlossen. Ob die Abrissbirne tatsächlich kommt, hängt aber davon ab, ob der Denkmalschutz aufgehoben wird.

 Das Föhrener Kloster sieht außen ganz passabel aus, aber innen ist es marode. Decken und Mauern sind feucht, das Dach undicht. TV-Foto: Katja Bernardy

Das Föhrener Kloster sieht außen ganz passabel aus, aber innen ist es marode. Decken und Mauern sind feucht, das Dach undicht. TV-Foto: Katja Bernardy

Föhren. Es ist ein besonderer Augenblick, als Ortsbürgermeister Jürgen Reinehr die Handzeichen der Ratsmitglieder zählt. "Einstimmig" beschließt der Rat, den Antrag auf Erteilung einer Gesamtabbruchgenehmigung für die Föhrener Klosteranlage zu stellen. Damit ziehen die Mitglieder einen Schlussstrich unter jahrzehntelange Überlegungen und Diskussionen um das ehemalige Anwesen der Franziskanerinnen, das in der Ortsmitte thront (siehe Extra).Probleme mitgekauft


Mittlerweile hat die Gemeinde das Kernhaus für 110 000 Euro gekauft - und die Probleme mit erworben: Das 1868 erbaute Kloster steht unter Denkmalschutz. Dies sei der Knackpunkt, hieß es im Rat. Denn die vielen Interessenten, die das Klostergebäude erwerben und umfunktionieren wollten, seien kurz vor Eintüten des Vertrags abgesprungen, sagt Reinehr.
"Nicht verwunderlich", meint Reinhard Müller, Beauftragter der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung im Kreis Trier-Saarburg. Er berät den Gemeinderat. Denn das Kernhaus sei nicht in Pläne zu integrieren. Wenn, dann nur zu einem sehr hohen Preis, und den sei kein Investor bereit zu zahlen. "Investoren entsteht ein finanzielles Loch von einer Million Euro", so Müller. Er betont auch, dass die Probleme der Anlage "mit deutlichen Verfallserscheinungen und akutem Handlungsbedarf" auf die Nachbarschaft in der Dorfmitte ausstrahlen.
Die Verkehrssicherung ebenfalls sei problematisch. Die Erhaltung eines Denkmals müsse auch für den Besitzer zumutbar sein, betont Müller. Hier fehle eine wirtschaftlich zumutbare Verwertungsmöglichkeit.
Die Gemeinde stellt nun bei der Unteren Denkmalschutzbehörde, der Kreisverwaltung, einen Abrissantrag. Es ist bereits der zweite. Beim ersten Antrag hatte der Kreis Entgegenkommen signalisiert, aber die Obere Denkmalschutzbehörde in Mainz stellte sich stur. Um Verfahrensfehler zu vermeiden, nimmt sich die Gemeinde juristischen Beistand.
Weiter wurde einstimmig beschlossen, das Areal des ehemaligen Klosters vorrangig für "leicht verdichtete, architektonisch und grünordnerisch anspruchsvoll gestaltete Bebauung zu entwickeln", wie es im Fachjargon heißt. Das Ziel: ein Zentrum für generationenübergreifendes Wohnen und Leben. Die Entwicklung soll sich an dem bereits vorhandenen städtebaulichen Grundkonzept orientieren. Die Entscheidung, den Antrag auf Erteilung einer Gesamtabbruchgenehmigung für die Klosteranlage zu stellen, sei alles andere als leichtfertig getroffen worden, bemerkt Jürgen Reinehr. Sie sei das Resultat eines langen Prozesses.Meinung

Macht dem Elend ein Ende!
Denkmäler sind ein kostbares Gut. Es ist richtig, dass die Messlatte für ihren Schutz sehr hoch gelegt wird. Allerdings heißt es im Denkmalschutzgesetz auch, dass der Erhalt eines Denkmals zumutbar sein muss. Und das ist beim Föhrener Kloster eindeutig nicht der Fall. Jeder Euro, der hier reingesteckt wird, ist rausgeworfenes Geld. Aus dem einst stattlichen Gebäudekomplex mit seinen schönen Gärten ist eine unansehnliche Ruine geworden, ein Schandfleck mitten im Dorf. Dass der Zahn der Zeit am Kloster nagte, dass Vandalen in ihm wüteten und dass die Immobilie bis heute nicht verwertet werden konnte, daran trägt die jetzige Eigentümerin, die Gemeinde Föhren, keine Schuld. Sie möchte das Ortszentrum und die angrenzenden Straßen aus dem Dornröschenschlaf aufwecken. Es ist spät, aber noch nicht zu spät. Konzepte für altenbetreutes Wohnen und andere Nutzungen existieren, Investoren stehen Gewehr bei Fuß. Aber der marode Koloss blockiert jegliche Entwicklung. Die Denkmalbehörde muss nun entscheiden, was ihr wichtiger ist: schimmelige Mauern oder die Zukunft eines Ortes, in dem 2700 Menschen leben. a.follmann@volksfreund.deExtra

Der Ursprung des Klostergebäudes im Föhrener Ortskern reicht zurück bis ins Jahr 1868. Damals wurde mit dem Bau eines privaten Waisenhauses begonnen, das 1904 von den Franziskanerinnen von Nonnenwerth übernommen und zum Heim St. Josef für schwer erziehbare Mädchen ausgebaut wurde. 1984 löste der Orden das Kloster auf, 1988 verkaufte er das Anwesen an eine saarländische Projektgesellschaft. Von 1989 bis 2000 wurde das Gebäude als Aufnahmeheim für Aussiedler genutzt. Der Besitzer baute den Teilbereich "Haus Nazareth" für Wohnzwecke um; sein Vorhaben, ein Hotel und eine Altenpflegeeinrichtung zu bauen, scheiterte insolvenzbedingt. 2001 fiel der Klosterkomplex an eine saarländische Gläubigerbank. Mittlerweile hat die Gemeinde Föhren das Anwesen für 110 000 Euro aus der Insolvenzmasse erworben. 2000/2001 hatte die Gemeinde einen Seitentrakt, die ehemalige Klosterschule, gekauft und zum Bürger- und Vereinshaus umgebaut. alf

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