Der 80. Geburtstag vor 90 Jahren

Bilder erzählen Geschichten: der TV startet im kommenden Jahr ein Magazinprojekt unter dem Titel "Mein Trier" und hofft auf die Mithilfe der Leser. Wilhelm Schaab hat uns den ersten Beitrag zugesandt.

Am 14. Februar 1923 feierte mein Großvater Joseph Schaab seinen 80. Geburtstag. Das Bild zeigt die Geburtstagsgesellschaft - seine Familie und seine Beleg schaft - insgesamt 43 Personen. Neben ihm links sitzt der alte Schlossermeister Horst, ein Mitarbeiter " der ersten Stunde", und feiert seinen Geburtstag gleich mit. Wie oft hat meine Mutter mir dieses Bild gezeigt und erklärt "who is who". Vielleicht erkennt ja der eine oder andere Leser auf dem Bild seinen Vater oder Groß vater, denn das Ereignis ist gerade mal 90 Jahre her. Mein Großvater (geboren am 3. März 1837 in Trier) hatte das Blau färberhandwerk bei seinem Vater in dessen kleinem Betrieb in der Neustraße erlernt. Nach dessen Tod übernahm er den Betrieb und erwarb in der Südallee gegenüber den Kaiser thermen, wo heute das Polizei präsidium steht, nach und nach ein 17 100 Quadratmeter großes Gelände. Dort baute er seine Blaudruckfabrik, die modernste und rationellste ihrer Art in Deutschland. Um 1900 beschäf tigte Joseph Schaab etwa 300 Mitarbeiter; er zählte zu den reichsten Trierern. Bei Aus bruch des Ersten Weltkrieges schloss er die Blaudruckfabrik. Die Auslandsmärkte, insbe sondere die deutschen Kolonien, waren verloren, die Arbeiter waren eingezogen und die kupfernen Druckwalzen zur Mu ni tionsherstellung beschlag nahmt. Die Schließung der Fabrik war zweifellos unver meidbar. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte Joseph Schaab alles, um seine Blau druck fabrik wieder zu öffnen. Es gelang ihm, seine Söhne Rudolf und Willi zu überzeugen. Am 17. Juli 1922 wurde die Firma Joseph Schaab KG ins Handels register eingetragen. Die Blaudruck fabrik begann wieder zu arbeiten. In der Inflationszeit 1921 bis 1923 entstanden zunächst Spekulationsgewinne. Aber es gab keinen Markt mehr für Blaudrucke, schon gar nicht für die Mengen, wie sie der Produktionskapazität einer solch großen Fabrik entsprach. Als Folge des Krieges hatten sich zudem schwerwiegende Veränderungen in den Absatz gebieten ergeben. Nicht nur fehlten die deutschen Kolonien als Abnehmerländer, sondern das Ausland boykottierte in den ersten Nachkriegsjahren die deutschen Produkte. Speziell für die Trierer Industrie kam er schwerend hinzu, dass das Elsass und Lothringen an Frank reich rückgegliedert wur den, dass das Groß herzogtum Luxemburg aus dem deutschen Zollverband ausgeschieden, das Saargebiet dem Völkerbund unter stellt und mit hohen Zoll mauern gegenüber dem Deut schen Reich abgeriegelt war. Und schließlich besetzten die Siegermächte die links rheinischen Gebiete und Teile des Ruhrgebietes und errich teten eine Pass- und Zollgrenze gegenüber dem übrigen Reich.
Die Region war isoliert


Die Region Trier war isoliert. Unter diesen Umständen war die Wiedereröffnung der Blau druckfabrik 1922 zweifellos ein Fehler, besser wäre es gewesen, den Weinhandel auszubauen. Am 1. Juli 1926 musste die Blau druckfabrik endgültig geschlos sen werden. Joseph Schaab erlebte den Niedergang seiner Fabrik nicht mehr; er starb am 8. Januar 1925 mit 82 Jahren. Meine Mutter hatte 1920 ihre Lehrerausbildung (Oberlyzeum) mit "Gut" abgeschlossen. Doch bedeutete das damals keines wegs, dass sie eine Stelle als Lehrerin bekommen konnte. Die zuständige Regierungsstelle teil te ihr im Mai 1921 mit, dass sie in die Liste der Schulamts bewerberinnen aufgenommen sei, dass aber ihre "Beschäf tigung im Schuldienst in abseh barer Zeit noch nicht erfolgen kann, da wir über Bedarf ältere Schulamtsbewerberinnen haben".
Daraufhin ließ sie sich zunächst einmal ein halbes Jahr im Fernsprechvermittlungs dienst im Postamt Saarburg ausbilden. Das hatte aus Sicht der Eltern den Vorteil, dass sie dort im Dienst und nach dem Dienst unter Aufsicht ihrer beiden Tanten Annchen und Rosa stand. Das Warten auf eine freie Lehramtsstelle dauerte. Meine Mutter überlegte sich als Alternative, an einer Handels schule zu unterrichten. Dazu brauchte sie ein kaufmännisches Praktikum. Sie bewarb sich 1922 als Praktikantin bei der soeben neu gegründeten Firma Joseph Schaab KG und hatte Glück: Sie bekam die Stelle. Ihr Chef wurde Willi, der jüngste Sohn des "alten Schaab". Meine Mutter war eine schöne und sehr selbstbewusste Frau. Das Familienfoto zeigt sie in der letzten Reihe. 1929 heirateten die beiden.Extra

Haben sie ähnliche Fotos wie Wilhelm Schaab? Und können Sie ähnliche Geschichten aus Trier oder dem Trierer Land erzählen? Über Menschen, Häuser, Straßen, Firmen oder Geschäfte? Dann machen Sie mit bei unserem für 2014 geplanten Magazin "Mein Trier - Bilder erzählen Geschichte(n)". Natürlich müssen die Fotos nicht 90 oder 100 Jahre alt sein - schöne Erinnerungen gibt es auch an die 50er oder 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Stöbern Sie im Fotoalbum, machen Sie mit, wir freuen uns über jede Einsendung und schicken alle Bilder auch wieder an die Einsender zurück. Und so können Sie uns erreichen: Am besten schicken Sie uns Text und Bilder natürlich elektronisch, also per E-Mail. Die Bilder sollten das Format .jpg haben und eine möglichst große Auflösung. Die Texte können als Word-Datei oder einfach in der E-Mail übermittelt werden. Die Adresse lautet trier@volksfreund.de. In der Betreffzeile sollte "Mein Trier" stehen. Natürlich können Sie uns auch Bilder per Post schicken. Die Adresse lautet: Trierischer Volksfreund Kennwort: "Mein Trier" Postfach 3770 54227 Trier Ganz wichtig: Kennzeichnen Sie bitte Ihre Bilder und Texte mit Namen und Adresse, damit wir die Bilder nach Erscheinen des Magazins zurückschicken können. Und geben Sie im Brief oder der E-Mail auch Ihre Telefonnummer an für eventuelle Rückfragen. Einsendeschluss für Beiträge und Bilder ist der 31. Januar 2014. Unter allen Einsendern verlosen wir vier mal das Buchpaket "Sagen und Geschichten aus der Westeifel" sowie "20 Köpfe aus 2000 Jahren - Trier, Eifel, Mosel und Hunsrück: Menschen schreiben Weltgeschichte" im Gesamtwert von mehr als 50 Euro! mic

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