Der Chef, der nicht weiß, ob er Chef sein will

Trier · In vier Wochen wählt die CDU Trier ihren Kreisvorstand neu. Ob er noch mal kandidieren möchte oder nicht, hat der Parteivorsitzende Udo Köhler allerdings noch nicht entschieden. Als sein potenzieller Nachfolger wird ART-Chef Max Monzel gehandelt.

 Weiß nicht, ob er CDU-Chef bleiben will: Udo Köhler. TV-Foto: Friedemann Vetter

Weiß nicht, ob er CDU-Chef bleiben will: Udo Köhler. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"

Trier Alle zwei Jahre, so steht es in der Parteisatzung, muss die Trierer CDU ihren Vorstand neu wählen. Nach der Wahl im März 2015 ist der Termin längst überfällig. Aber die Trierer Christdemokraten haben die Vorstandswahlen aufgeschoben. "Vor der Bundestagswahl waren wir zu sehr mit Wahlkampf beschäftigt, da wollten wir uns nicht auch noch mit Kandidatenfragen und so weiter beschäftigen", hatte Noch-Parteichef Udo Köhler den Aufschub erklärt. Nun soll am Freitag, 17. November, der Vorstand des Kreisverbands Trier-Stadt neu gewählt werden. Ob er noch mal als Vorsitzender der mit rund 950 Mitgliedern größten Partei der Stadt kandidieren wird, weiß Udo Köhler allerdings nicht. "Ich habe mich noch nicht entschieden und muss noch Dinge abwägen", erklärte er am Freitag auf TV-Nachfrage. Dass es ungewöhnlich ist, vier Wochen vor dem wichtigen Parteitag nicht zu wissen, ob man die Partei weiter führen will, räumt Köhler ein. "Aber es ist nun mal so."Und die Gründe für die Unentschlossenheit? "Die Bundestagswahl hat mir Auftrieb gegeben", sagt Köhler. Dabei hatte die CDU/CSU mit 32,9 Prozent der Zweitstimmen bundesweit ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten eingefahren. "Aber im Wahlkreis Trier lagen wir mit 37,3 Prozent gut über dem Bundesdurchschnitt", argumentiert Köhler. Neben vielen anderen Dingen sei das auch auf seine Führung des Kreisverbands Trier zurückzuführen.Dabei hatte Köhler schon vor Monaten keinen Hehl daraus gemacht, zumindest eins von seinen Parteiämtern - er ist gleichzeitig Vorsitzender der CDU-Fraktion im Trierer Stadtrat - abgeben zu wollen. Die beiden arbeitsaufwendigen und zeitraubenden Ämter hatte er allerdings angetreten unter der Annahme, bei der Landtagswahl 2016 ein Mandat für den Mainzer Landtag zu gewinnen. Aber aus dem Berufspolitikertum ist nichts geworden. "Und die beiden Parteiämter neben einem normalen Beruf auszuüben, ist einfach zu viel", hatte der freie Architekt schon vor Monaten gegenüber dem TV eingeräumt. Tatsächlich passiert bei der Partei, seit Köhler 2015 den Vorsitz von Bernhard Kaster übernommen hat, nicht viel. Und auch im Stadtrat läuft es nicht gut. Gespalten ist die Fraktion nicht nur in der aktuell zum Politikum avancierten Frage, ob die Tankstelle in der Trierer Ostallee weiter bestehen soll oder nicht. Richtig gerummst hat es auch vor der Wahl des Kulturdezernenten, bei der sich neben dem gewählten Christdemokraten aus dem Saarland, Thomas Schmitt, auch CDU-Stadtrat Thomas Albrecht beworben hatte. Dass Köhler angibt, noch keine Entscheidung über seine Zukunft als Parteivorsitzender getroffen zu haben, dürfte auch damit zusammenhängen, dass sich unter den jungen CDUlern kein Nachfolger aufdrängt. Schon unter der Führung von Bernhard Kaster hatte es in der Partei Probleme bei der Nachwuchsförderung gegeben. "Doch, doch! Es gibt durchaus Interessenten für den Kreisvorsitz!", betont Köhler dagegen, "und auch welche, die der Aufgabe absolut gewachsen wären!" Namen nennen will er allerdings nicht.Nach TV-Informationen hat der Parteivorstand Maximilian Monzel im Visier. Monzel ist Chef des Zweckverbands Abfallwirtschaft in der Region Trier und Schatzmeister der CDU. Er gilt als durchsetzungsfähiger und selbstbewusster Macher - der die Partei aus der Versenkung holen könnte. CDU-Alt-Chef Bernhard Kaster hatte Monzel schon mehrfach zu Höherem bewegen wollen. Aber sowohl das Angebot, 2014 als CDU-Oberbürgermeister zu kandidieren, als auch die Nachfolge von Kaster als Bundestagsspitzenkandidat im Wahlkreis anzutreten, hatte Monzel abgelehnt.Sein Interesse an einer Kandidatur um den Parteivorsitz auf TV-Nachfrage will der 45-Jährige weder bestätigen noch ausschließen. "Bevor Udo Köhler sich entschieden hat, sage ich dazu gar nichts", erklärt er.Jutta Albrecht, Beisitzerin im Kreisvorstand, würde Monzel durchaus für den geeigneten Kandidaten halten. Dass sie einen Wechsel nicht nur an der Parteispitze, sondern im gesamten Vorstand im Blick hat, daraus macht die Stadträtin keinen Hehl: "Ich wünsche mir einen Kreisvorstand, in dem es keinen Stillstand mehr gibt, sondern der die Partei nach vorne bringt mit neuen Ideen. Wir müssen endlich raus aus unserer Lähmung."2015 wollte Albrecht selbst für den Parteivorsitz kandidieren. Erstmals seit mehr als 50 Jahren zeichnete sich damit eine Kampfkandidatur um den Trierer CDU-Chefsessel ab - Albrecht zog ihre Kandidatur zurück. "Meine Zeit wäre vor zwei Jahren gewesen, aber die Partei war nicht bereit für mehr Offenheit und Transparenz und Unabhängigkeit", sagt Jutta Albrecht. Noch mal werde sie ihren Hut definitiv nicht in den Ring werfen.KommentarMeinung

Höchste Zeit!Langes, Böhr, Holkenbrink, Kaster: Die Trierer CDU-Chefs der vergangenen Jahrzehnte waren samt und sonders Bundestags- oder Landtagsabgeordnete - mit Zeit und Muße fürs Ehrenamt im Heimatverband. Köhler ist kein Berufspolitiker, sondern muss sich in erster Linie um seinen Brotjob kümmern. Aber die mangelnde Zeit ist es nicht alleine. Nach Kasters harter Hand hat Köhler es mit Ausdiskutieren versucht - und ist gescheitert. Genauso wenig, wie ein Parteivorsitzender ein Despot sein darf, darf er sich als reiner Moderator verstehen. Köhler hat die Partei in den Tiefschlaf gesungen. In der Fraktion brodelt's dagegen gewaltig. Für Veränderungen ist es höchste Zeit!! c.wolff@volksfreund.de

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