Der Euphorie folgt die Ernüchterung - Wenig Begeisterung über einschneidende Reformen im Bistum Trier

Trier · Bislang wurde viel über Reformen im Bistum Trier diskutiert, nun sollen mit dem Neuzuschnitt der Pfarreien erste Nägel mit Köpfen gemacht werden. Bei etlichen Priestern und Gläubigen hält sich die Begeisterung allerdings noch in Grenzen.

Als die Teilnehmer der Bistumssynode im Frühjahr vergangenen Jahres nach zweieinhalbjähriger Beratungszeit das Abschlussdokument verabschiedeten, war bei vielen die Euphorie groß. "Mission accomplished - Mission erfüllt", freute sich unter tosendem Applaus auch Triers Bischof Stephan Ackermann, der das Beratungsgremium eingesetzt hatte.

Mehr zum Thema: Radikal-Reform im Bistum Trier - Von 887 wird auf 42 XXL-Pfarreien abgespeckt

Ein knappes Jahr später und zwei Wochen vor Bekanntgabe der neuen Pfarreienstruktur ist von Euphorie nicht mehr viel zu spüren. Eher von Ernüchterung; zumindest bei jenen, die demnächst gesagt bekommen, welcher XXL-Pfarrei sie zukünftig als Priester oder als Gläubige angehören werden. Die bevorstehenden Umbrüche sind gewaltig, das zeigt schon ein Blick auf die Zahlen: Rund 95 Prozent der derzeit noch 887 - und teilweise schon in Gemeinschaften zusammengefassten - Pfarreien im Bistum wird es in Zukunft nicht mehr geben. In den etwa 42 neuen Großpfarreien mit jeweils mehreren Zehntausend Gläubigen soll es netzwerkartige Kooperationsformen geben.

Mit anderen Worten: Ob Kirchenchor, Kindergarten oder katholische Bücherei: Längst nicht mehr jedes kirchliche Angebot wird überall verfügbar sein.
Viel mehr als das ist allerdings noch nicht bekannt. Die konkrete Ausgestaltung, die Frage also, was künftig wo und wie in den neuen Großpfarreien angeboten wird, soll von den Gläubigen, Haupt- und Ehrenamtlichen selbst festgelegt werden. Zwei Jahren sind für diese sogenannte Erkundungsphase eingeplant.
Doch vorher dürfte zunächst einmal der noch geheim gehaltene Zuschnitt der XXL-Pfarreien für reichlich Zündstoff sorgen. Mit der jetzt im Raum stehenden Zahl von 42 Großpfarreien wird sich der Neuzuschnitt zumindest grob an den dann wegfallenden 32 Dekanaten orientieren.

Das Dekanat Bitburg (43 000 Katholiken) mit aktuell fünf Pfarreiengemeinschaften dürfte künftig eine XXL-Pfarrei sein. Das benachbarte Dekanat St. Willibrord Westeifel (33 000 Katholiken, fünf Pfarreiengemeinschaften) dürfte in zwei Großpfarreien aufgeteilt werden, ebenso das Dekanat Trier (63 000 Katholiken, sieben Pfarreiengemeinschaften).

"Unter den Priestern herrscht große Skepsis und Ratlosigkeit", beschreibt ein Geistlicher die Stimmung unter seinen Mitbrüdern. "Der Frust ist groß", sagt ein anderer, der seinen Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen will.
Der in der Schweiz als Seelsorger tätige Trierer Bistumspriester Helmut Gehrmann vergleicht die jetzige Reform mit den vorausgegangenen Umstrukturierungen. Die großen Heilserwartungen seien nachprüfbar nicht eingetroffen, sagt der promovierte Theologe. "So gleichen die Synodenteilnehmer einer Bootsmannschaft, die - entgegen vorhandener Erfahrungswerte - Löcher in den Schiffsboden schlägt und dann darum betet, dass Gott das Boot nicht sinken lässt."
Ein Dechant aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz verweist dagegen auf die weiter zurückgehenden Priester- und Gläubigenzahlen und sagt: "Wir haben derzeit keine Alternative, aber das Gelbe vom Ei sind die Großpfarreien auch nicht."WAS SIND DEKANATE?

Extra

(sey) Die 173 Pfarrgemeinden und Pfarreiengemeinschaften des Bistums Trier sind in 32 Dekanaten zusammengeschlossen. In den Dekanaten soll die Seelsorge "durch gemeinsames Handeln" gefördert werden. Die Leitung eines Dekanats hat der Dechant. Er wird vom Bischof ernannt. Der Dechant hat in seinem Dekanat für ein ordnungsgemäßes Leben der Kleriker, die Beachtung der liturgischen Normen, die richtige Führung der pfarrlichen Bücher und die sorgfältige Verwaltung des Kirchenvermögens zu sorgen. Außerdem kümmert sich der Dechant um die theologische Fortbildung und hilft bei geistlichen und materiellen Problemen der Priester. Der Dekanatsrat ist die Vertretung der Pfarrgemeinderäte auf Dekanatsebene.

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